Gefühl des Überflüssigseins im oberen Haushalt der Natur wird immer stärker in mir. Die berühmte Frage: „wozu noch?“ wächst. 5
Aber keine pessimistischen Betrachtimgen, am wenigsten in einem Geburtstagsbriefe. Gruß und Empfehlung Dir und der verehrten Frau von Deinem alten
Th. Fontane
Berlin, 17. Febr. 84 Potsd. Str. 134 c
Mein lieber alter Witte.
Die Verführung ist diesmal groß, in einen gewissen Feierlichkeitston zu fallen wie zu Geburtstagen, die zufällig dem Oster-Konflrmations-Tage um eine Woche vorausgehn. „Du stehst jetzt vor einem besonders wichtigen Lebensabschnitt usw.“ 6 Ja mein lieber alter Witte, Du stehst wirklich davor, hast es „erreicht wie Oktavio“, nur mit reiner Hand, und wenn ein großer Friedländer gefallen ist, so fiel er nicht durch Dich. Nur seine Ruhmes-Erbschaft trittst Du an, und daß Du sie womöglich noch wachsen läßt, dazu wünsche ich Dir von ganzem Herzen Kraft. Die Lust und Liebe, die sonst noch dazu gehört, die hast Du. Also freiweg und Glück auf! Es trifft sich, daß wir uns auf dem Boden der Meininger begegnen, und während Du vor ihrer politischen Einsicht Deine Verbeugung machst, verbeuge ich mich vor ihrem ersten Bühnenkünstler, dem Herzog. 7
Die zurückliegenden Berliner Tage 8 sind Dir und meiner hochverehrten Freundin*!' hoffentlich gut bekommen. Über das „Elefantenküken“ haben wir uns als Genieblitz wundervoll amüsiert; es ist nun geflügeltes Wort im engeren Kreise. Milachen 10 ist, während ich diese Zeilen schreibe, bei Buchhändler Müller-Grote 11 in einem Künstlerzirkel (auch Martha da) und wird morgen ihre Zeilen den meinigen beilegen. Nochmals mit tausend Glückwünschen Dein alter
Th. Fontane
Berlin, 18. Febr. 88 ]?btsd. Str. 134 c
Mein lieber Witte.
Das Weiseste, was ich vor der binnen 2 Stunden meiner harrenden „Weisheit Salomos“ 12 tun kann, ist, Dir Glück zum Geburtstage zu wünschen. Denn das durch Herz und Liebe Gebotene ist auch immer das Weiseste. Du wirst zugeben, daß ich über diesen Trumpf nicht mehr gut hinaus kann und so denn nur noch Heil, Heil und Auf nach Amerika! 13 Aber heitreren Gesichts, als der alte Kammerdiener in „Kabale und Liebe“ es sagt. Allerseits herzlichste Grüße. Meiner Mete einen Kuß. Wie immer Dein alter, treu ergebenster
Th. Fontane
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