Dich aber nicht abhalten zu lassen, wenn Du es für gut hältst, ein Jahr in London zu bleiben, es auszuführen und Gott, dem gütigen Vater, Deine Frau und Kinder zu empfehlen. Daß ich für sie tun werde, was in meinen Kräften steht, weißt Du, ohne meine Versicherung.
Jetzt noch einige Worte über mich und Elise 5 . Fast immer bin ich allein in meinem Stübchen 6 , da die Menschen mich nicht aufsuchen, und ich es ziemlich satt bin, den Guten nachzulaufen. Gott ist mir indeß gnädig und gibt mir die Kraft, dies’ mit Ruhe zu ertragen und stärkt meinen Körper, denn ich bin jetzt ziemlich wohl, daß ich die mir bevorstehende Sorge und Anstrengung durchmachen kann. Elise ist auch wohl und leidlich fleißig; ihre Erziehung wird mir aber doch recht schwer. Sie grüßt und küßt dich. Die letzte Nachricht von Jenny 7 lautet: Sie sei sehr wohl und hätte sogar rote Backen. Gott gebe ihr nur eine gute Stunde. Schließlich bitte ich Dich, mein Herzens-Theodor, laß Dich nicht durch Deine Angst um — und Sehnsucht nach den Deinen, ehe als Du siehst, daß die großen Opfer, welche gebracht sind, Früchte getragen haben, den Entschluß zurück zu kommen fassen, sondern empfiehl Deinem Lieben Gott, dem Vater, wie Dich ihm empfiehlt und um Seinen Segen für Dich bittet Deine Alte.
Berlin, 7. 6. [18] 52
Meine liebe Emilie!
Schon längst hatte ich mich nach Nachricht von Dir gesehnt und würde jetzt zufrieden sein, da es Dir und Deinem Jungen 8 , wie auch unserm Theodor, im ganzen gut geht, wenn Du nicht wieder an Beängstigungen leidetest, was vielleicht seine besonderen Gründe hat. Ja, mein liebes Töchterchen, dieser Gedanke quält mich sehr, und werde ich wohl nicht eher ruhig sein, bis ich Dich und Georg sehen und in meiner Behausung haben werde, wozu ich mich unendlich freue, aber auch ängstige, daß es Dir nicht behagen könnte. Bringst Du Dein Mädchen mit? Schreibe mir ja mehrere Tage vor Deiner Ankunft, damit Du alles in Ordnung findest und nicht sogleich in Unruhe kommst.
Für Deine herzlichen Wünsche zu meinem Geburtstage nimm meinen besten Dank und unsem Theodor sage vorläufig in Deinem nächsten Brief an ihn, ich ließ ihn herzlich grüßen und für seinen Brief und seine Gratulation danken; später werde ich mit Dir an ihn schreiben. Die Kappe habe ich nicht erhalten, da Max 9 , anstatt zu mir zu kommen, nach Letschin gereist ist, um dort während der Zeit, daß Sommerfeldt und Jenny nach Berlin sind, nach dem Geschäft zu sehen, und bringst Du sie mir wohl mit. Für heute will ich schließen und alles Erzählenswerte aufheben bis ich Dich hier habe, wozu ich mich doch sehr freue, um es Dir mündlich zu sagen.
Elise, welche Dich und Georg herzlich grüßt, bittet mit mir uns Deiner liebenswürdigen Freundin 10 bekannter- und ihrem Herrn Gemahl un-
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