Heft 
(1979) 29
Seite
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Am 23. Dezember 1863 begann der Einmarsch der Bundestruppen in Holstein und Lauenburg. Diese Herzogtümer, die seit 1815 dem Deutschen Bund angehörten, wurden von den Dänen geräumt und sodann von Zivilkommissaren im Aufträge des Deutschen Bundes verwaltet. Am 28. Dezember beantragten Preußen und Österreich beim Deutschen Bund die Ausweitung der Bundesexekutive auf Schleswig, falls Dänemark sich weigerte, das neue dänische Grundgesetz für Schleswig aufzuheben. Dei Deutsche Bund zögerte, die Grenze nach Schleswig, das dem Bund nicht an gehörte, zu überschreiten und lehnte den Antrag ab. Diese Schwäche des Bundes nutzend entschloß sich Preußen im Bündnis mit Österreich zur selbständigen Kriegführung gegen Dänemark.

In seinem Kriegsbuch folgte Fontane mit der Darstellung der preußischen Waffentaten zur Verteidigung und Rettung der schleswig-holsteinischen Einheit und Befreiung von dänischer Abhängigkeit der offiziellen preußi­schen Politik.

Dabei spielte zweifellos der Einfluß der kleindeutschen (preußisch- deutschen) Historikerschule auf Fontanes geschichtliches Denken eine Rolle. Diese Einflußnahme ist bei denWanderungen durch die Mark Brandenburg vielfach nachweisbar. Fontane war mit dem Historiker Jch. Gustav Droysen bekannt und hatte auch Verbindung zu Heinrich von Treitschke und Heinrich von Sybel. Droysen führte in seinem Haupt­werkGeschichte der preußischen Politik (ab 1855 14 Bde.) die nationale Mission Preußens bis auf die Zeit der Askanier zurück und suchte nachzu­weisen, daß Brandenburg-Preußen und die Hohenzollern seit dem Großen Kurfürsten immer wieder dem Vaterlande gedient hätten. Außerdem blieben Fontanes politische Vorstellungen auch nicht unberührt von den Auffassungen der Kreuzzeitungspartei, mit deren Anhängern er als Redakteur der Kreuzzeitung und durch seinen Freundeskreis ständig Kontakt hatte. Daraus erklärt sich wohl, daß Fontane in seinen Ver­öffentlichungen nicht davon spricht, daß Schleswig-Holstein im Ergebnis des Krieges von der dänischen in die preußische Abhängigkeit geriet. Die sich aus der auf die Annexion gerichteten Bismarcksehen Politik für Schleswig-Holstein ergebenden Probleme blieben Fontane jedoch nicht unbekannt. Das zeigt ein in seinem Notizbuch aufgezeichnetes Ge­spräch zwischen einem Hamburger und einem Holländer.Wann werden denn die Preußen Schleswig räumen ? ... Der König von Preußen möchte Hamburg wohl gerne haben? fragt der Holländer, die tatsächlichen preußischen Ambitionen damit bloßlegend. Der Hamburger fürchtet den Verlust der demokratischen Freiheiten unter der Herrschaft des Königs' von Preußen. Ihre Bedeutung wird jedoch durch die Antwort des Hol­länders relativiert, indem ermit leiser Ironie bemerkt, Freiheit hieße es, wenn man sich über einen Minister in einer Weise äußern dürfe, die einem Privatmann gegenüber als ehrenrührig gelten würde. (S. S. 383.)

Der Dialog atmet so viel spritzigen skeptischen Humor, soviel Fontane- schen Geist, daß eine literarische Gestaltung eher anzunehmen ist, als die exakte Wiedergabe eines zufällig in der Eisenbahn gehörten Gesprä­ches. Gleichzeitig ist die Skepsis hinsichtlich bürgerlich-demokratischer

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