Heft 
(1979) 29
Seite
360
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Forderungen für Fontanes politisches Denken in jenen Jahren bezeichnend. Die Enttäuschung über den Ausgang der Revolution von 1848 in Deutsch­land schlug bei ihm wie bei vielen anderen deutschen bürgerlichen Künstlern und Intellektuellen in Skepsis gegenüber bürgerlich-demokra­tischem Wollen um.

Mit dem Infragestellen der von dem Hamburger gepriesenen bürgerlichen Freiheiten wurden die in dem Dialog ausgedrückten Zweifel an der menschheitsbeglückenden Mission Preußens in Schleswig-Holstein nicht aufgehoben. Fontanes Bemühen um eine wie Hans-Heinrich Reuter schreibtOptik des Einerseits-Andrerseits 8 tritt hier sehr deutlich zutage. Sie ergibt sich aus der Spannung zwischen übernommenen poli­tischen Anschauungen und der eigenen kritischen Auseinandersetzung des Dichteis mit der Umwelt.

Aus den Mai-Notizen ist noch nicht zu ersehen, daß Fontane die von der offiziellen preußischen Politik vertuschten Differenzen zwischen Schleswig-Holstein und- Preußen bekannt waren. Dabei muß berück­sichtigt werden, daß sich zu diesem Zeitpunkt Widersprüche zwischen der Bevölkerung Schleswig-Holsteins und der preußischen Besatzung noch nicht so klar abzeichnen konnten wie am Ende des Feldzuges. Gleiches gilt für die Widersprüche zwischen den Bundesinteressen und den preußischen. Außerdem hat Fontane ihnen, noch stark unter dem Eindruck der siegreichen Erstürmung der Düppeler Schanzen stehend, wohl auch weniger Aufmerksamkeit zugewandt.

In buntem Wechsel begegneten ihm Bundestruppen, österreichische und preußische Soldaten und Offiziere. Die Spannungen, die zwischen dem Deutschen Bund und den Großmächten Preußen und Österreich bestanden, fanden dabei jedoch keine Erwähnung. Gewissermaßen nahtlos fügte Fontane in die Schilderung eines Festzuges nach Louisenlund zur Hul­digung des Oberbefehlshabers der preußischen Armee, Prinz Karl, die Geschichte von der Fahne der Schleswig-Holsteinischen Kampfgenossen ein. In dieser Geschichte spielte der Augustenburger Prinz eine Rolle, die Frage seines Erbrechtes berührt Fontane dabei nicht.

Dennoch, kritische Aspekte fehlen auch in den Maireisenotizen nicht. Das beigefügte anekdotische Fragment mit der ÜberschriftStürmer voran grenzt in der bissigen Komik, mit der Entscheidungen der obersten Heeresführung darin behandelt werden, an Sarkasmus.. Daß die Schilde­rung des oben erwähnten Festzuges kaum geeignet war, unter dem Motto Die einheimische Bevölkerung huldigt der Preußischen Majestät einen Beitrag für die Kreuzzeitung abzugeben, mußte Fontane wissen. Warum beschrieb er diese verunglückte Veranstaltung, bei der die Schleswiger wegen Abwesenheit des Prinzen unverrichteter Sache heimkehren mußten? Die Freude an der Beobachtung wirklichen Geschehens und die kritische Auseinandersetzung damit gaben wohl den Ausschlag. Seine Kritik for­derte insbesondere eine Gruppe von Schleswiger Bürgern heraus, die auf dem Rückmarsch in die Stadt Spottlieder auf die Dänen sangen. Er erkannte in ihrem Verhalten die kleinbürgerliche Enge, Eitelkeit und Anmaßung.Die Dänen zu verspotten, schreibt er,ich bezweifle, daß