Emigranten, darunter auch Herwegh, nahe und besuchte Heine 11 ), brachte es Bernhard von Lepel, der bestenfalls dem im „Tunnel über der Spree“ bevorzugten Altliberalismus zugeneigt war, trotz seiner Begeisterung für Platen nur zu einer sehr zwiespältigen Einstellung, die voll von Vorbehalten war. Fanny Lewald schrieb am 19. Februar 1849 an Lepel, sie könne „den alten Glauben an das imveräußerliche Recht des Menschen, an die Möglichkeit menschlicher Zustände (denn unsere soziale Einrichtung ist unmenschlich) [...] nie auf geben“. Offensichtlich hat Lepel diesen Glauben nie ernstlich und mit Entschlossenheit geteilt. Die Lewald wird sich getäuscht haben, wenn sie (in einem nicht datierten Brief an Lepel) versichert, sie glaube „fest und zuverlässig“, Lepel könne „sich selbst und der Wahrheit, der Schönheit und der menschlichen Freiheit nicht untreu werden“. Denn er empfand nicht wie sie den „Jammer politischer und moralischer Knechtschaft“ (F. Lewald an Lepel, 22. Oktober 1846). Lepel dürfte kaum eingestimmt haben, wenn die Lewald, die später so leidenschaftlich gegen den Krieg auftreten wird, schon jetzt mit Abscheu ausrief: „Ich hasse den Krieg als eine bestialische Roheit“ (Brief an Lepel vom 26. Juli 1848).
In seiner, trotz aller gelegentlichen und äußerlichen Zugeständnisse, letzten Endes antirevolutionären und zumindest konservativen Einstellung wurde der preußische Adlige von Lepel auch durch seine Familie bestärkt. Zumal unter dem Einfluß seiner ersten Frau wandte sich Lepel „christlich- aristokratischen“ Regionen zu, wie Fanny Lewald am 6. Februar 1849 gegenüber Stahr feststellte'’. Schon im Vorjahre hatte sie in ihrem Brief vom 26. Juli 1848 Lepel gewarnt: „Nur den Einfluß von Ihrer Frau Familie habe ich in religiöser Hinsicht gefürchtet für Sie. Glauben Sie nicht an Entsagung und Kreuzestod — sondern blicken Sie in die Natur und glauben Sie an Genuß, damit Ihre Dichterseele gesund bleibt.“ Lepel hat diese aufrichtige Mahnung überhört. Vielmehr versuchte er, Fanny Lewald für seine Auffassungen zu gewinnen. Er glaubte, zu diesem Zweck zunächst einmal die feste Überzeugung Fanny Lewalds von der Richtigkeit ihres Standpunktes erschüttern zu sollen. Daß ein solcher Versuch nur das Vorspiel zu einer Bekehrung zum Christentum darstellen konnte, wußte Fanny Lewald aus ihren Gesprächen mit Lepel. An diese knüpft denn auch ein Brief Bernhard von Lepels an Fanny Lewald vom 19. Dezember 1848 unmittelbar an 6 . In dem Brief, der etliche Wiederholungen enthält, schreibt Lepel u. a.:
„Liebe Freundin! [...] Ich bin Ihnen, wie Sie wissen, sehr zugetan und kann es nicht verstehen, daß Sie so fix und fertig mit sich sind. [...] Ihnen im Augenblick entgegnen darf man nichts; denn erstens hören Sie doch nicht hin, und zweitens habe ich keine Autorität über Sie. [...] Sie sind noch so jung, Ihr Gemüt und Wesen macht noch so sehr den schönen Eindruck der Jugend, und doch wollen Sie schon so fertig sein, so mit sich abgeschlossen haben. Lassen Sie dem Leben doch noch einige Herrschaft über sich, werden Sie nicht jetzt schon starr und unbildsam.“
Lepel räumt ein, daß Fanny Lewald einen festen Standpunkt haben müßte, wenn sie als Politikerin wirken wollte, und fährt fort: „Aber
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