7 Vgl. Joachim Biener: „Zum Wesen von Fontanes Lyrik“, Einleitung zu „Unveröffentlichte und unbekannte Gedichte. Toaste und Verse Th. Fontanes 1838 bis 1896“, herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Joachim Schobeß, Sonderheft 5 der „Fontane-Blätter“, Potsdam.
7a Th. Fontane: Sämtliche Werke, herausgegeben von Walter Keitel, Band 6, München 1964, S. 304.
8 „Trotz alledem - es hat gelohnt“, S. 25.
9 Die topologische Beziehung zu Fontane ergibt sich auch bei Alfred Kerrs Gedicht „Die Berlinerin“ (in „Trotz alledem . . S. 35):
Sie ist nicht zu flach und nicht zu hüglig.
Das Fleisch ist vorzüglich.
II
Sie ist nicht pathetisch: sondern nett.
Sie ist nicht graziös: sondern adrett.
(Und dufte-beredt. . . mit ,ick‘ und ,det‘.)
III
Wißt ihr, wo ihr die wahre Type
(knusprig und piepe)
der wahren Berlinerin trefft?
Im Buttergeschäft? Im Buttergeschäft.“
Beil Lesen dieser Verse denkt man unwillkürlich an Lene Nimptsch. Voll trifft diese Parallelität indessen nur auf die mittlere Strophe zu. Die erste und die letzte zeugen von Vitalisierung und sensualistischer Verflachung des Fontane- schen Menschenbildes. Die letzte Zeile der zweiten Strophe deutet freilich auch den Hör-Charakter von Kerrs Lyrik an, der schon „Freibad“ zu entnehmen war. Die akustische Differenzierung und Verfeinerung durch den Berliner Dialekt teilt Kerr mit Kurt Tucholsky; sie ist eine wesentliche Grundlage für den gestisch-rhetorischen Charakter und damit für die Kabarett-Tauglichkeit ihrer Gedichte.
10 Fontane: Sämtliche Werke, Band 6, München 1964, S. 341 f.
11 Alfred Kerr: „Melodien“, Paris 1938, S. 161.
12 „Melodien“, S. 168.
12a Auch in der Emigration hat Kerr noch Kritiken geschrieben, so über Pariser Theater im „Pariser Tageblatt“, das als Weiterführung des „Berliner Tageblatt“ im Exil angesehen werden kann. Fast jeder der satirisch-dichterischen und theaterkritischen Beiträge Kerrs in dieser deutschsprachigen Pariser Tageszeitung, die sich besonders in den ersten Jahren ihres Erscheinens wie ein erregender unmittelbarer kritischer Kommentar zu den Vorgängen in Deutschland liest, an dem auch die emigrierte Literatur relativ lange in ihrer ganzen Spannweite partizipiert, ist bereits auf der Titelseite Inks oben angekündigt. Die in den „Stenokritiken“ besprochenen französischen Stücke spiegeln nach Ansicht Kerrs zu wenig die Bewegtheit der Zeit; sie seien nicht der großen kämpferischen und kritischen Tradition der französischen Literatur verpflichtet.
13 „Melodien“ S. 57, „Pariser Tageblatt“ Nr. 417 vom 2. 2. 1935.
14 „Melodien“ S. 9.
15 Heinrich Heine: „Die Harzreise“, Leipzig 1949, S. 42.
16 „Melodien“ S. 73.
17 „Melodien“ S. 83.
18 „Melodien“ S. 84.
19 „Melodien“ S. 13.
20 Kurt Hiller: „Köpfe und Tröpfe. Profile aus einem Viertlejahrhundert“, Hamburg-Stuttgart 1950, S. 251 f. — Die Äußerung Furt Hillers ist interessant wegen der Aufwertung Kerrs, nicht wegen der Abwertung Rilkes. Hiller ignoriert offensichtlich die Gemeinsamkeiten zwischen Kerr und Rilke am Jahrhundertbeginn, ihre objektive Abhängigkeit vom Machismus und ihre tiefe Ahistorizi- tät. Er übersieht die realistische Leistung Rilkes als eindringlicher elegischer lyrischer Beschreiber von Entfremdungserscheinungen. Er erkennt und würdigt aber — und das ist der verdienstvolle Kern der zitierten Äußerung — Kerrs schließliches Hinauswachsen über die sensualistisch-kontemplative Position.
21 Kerrs lyrisches Werk, vor allem sein Exilschaffen, ist von der Literaturwissenschaft noch nicht ausreichend gewürdigt worden. So ist seine Exillyrik in Band 10 der „Geschichte der deutschen Literatur. 1917 bis 1945“, Volk und Wissen, Berlin 1973, nicht berücksichtigt.
22 Alfred Kerr: „Es sei wie es wolle, es war doch so schön!“, Berlin 1928, S. 130.
23 „Melodien“ S. 37.