Heft 
(1979) 29
Seite
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reichen, als alle drei Schauenburg, Müller und Fontane noch gemein­sam in Leipzig lebten (vor Februar 1842), hätte auch Kriege davon wissen müssen, da dieser ja damals ebenfalls noch in Leipzig war. Es hätte der Form einer brieflichen Mitteilung (und die obige Formulierung ist Mit­teilung von etwas Neuem!) nicht bedurft. Demnach müßte Schauenburg zu einem späteren Zeitpunkt als Anfang 1842 über das ihm noch un­bekannte Vorhaben informiert worden sein entweder durch Fontane selbst oder brieflich oder mündlich durch Max Müller. Daß Schauenburg Fontanes Namen als ersten nennt, stärkt unsere Vermutung, dieser habe ihm selbst (was einen Kontakt zwischen März und November 1842 vor­aussetzt) über sein Projekt berichtet. Ein Leichtsinn, wie sich zeigen sollte! Denn Schauenburgs Kenntnis des Projekts wurde der Anlaß dafür, daß aufgrund seiner eben zitierten Bemerkung im Brief an Kriege Fontanes Name sowohl in die Akten des Universitätsgerichts in München, das Kriege im April 1843 für kurze Zeit verhaftete, als auch in die derselben Institution in Leipzig, die die dortigen Verdächtigen in Verwahrung nahm, Eingang fand. Schauenburgs Briefe an Kriege wurden im Mai 1843 zur Einsichtnahme auch an das Universitätsgericht der Friedrich-Wilhelms- Universität Berlin gesandt. Wie leicht hätte Fontane einmal in die Akten der politischer Umtriebe Verdächtigen geraten in Anbetracht der engen Zusammenarbeit zwischen Universitätsgerichten und Polizei mit dem Kadi in Berührung kommen können.

Ein Jahr später, im Sommer 1843, machte Fontane auf der Durchreise nach Letschin wieder in Berlin Station. Für dieses Jahr ist ein Datum belegt: Am 30. Juli war er Gast desTunnels. In den Monaten Juli und August 1843 aber befanden sich Schauenburg und Kriege ebenfalls in der preußischen Hauptstadt. Schauenburg hatte gerade bis zum 25. Mai des Jahres sieben Wochen strengen Karzer an der Berliner Universität abgesessen, die ihm eine sich lang hinziehende Untersuchung Segen seiner bei Krieges Verhaftung in München gefunögfiön Briefe eingetragen hatte. Ungeachtet seines Versprechens,sich künftig stets den Gesetzen gemäß betragen zu wellen' 4 , nahm er am 14. Juli 1843 den bei sämtlichen Behörden deutscher Kleinstaaten längst anrüchig gewordenen Kriege in seiner Wohnung auf. Kriege hoffte tatsächlich sogar noch nach seinem zwangsweisen Abgang von der Münchner Universität, sich im preußischen Berlin immatrikulieren und dort sein eigentliches Ziel, die Studenten zum Freiheitskampf anzufeuern, weiter verfolgen zu können. In Preußen hatte der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen­heiten, Johann Albrecht Eichhorn, mit Kabinettsorder vom 13. April 1841 es erreicht,daß die Universität wieder in die unmittelbare Kontrolle und Überwachung durch das Ministerium einbezogen wurde, da für die Unterdrückung derin der Haupt- und Residenzstadt an Kraft und Stärke immer mehr zunehmenden Oppositionsbewegung... der herrschenden Klasse die Universitätsbehörden als außerordentliche Regierungsbevoll­mächtigte nicht die notwendige Garantie zu bieten schienen. 13 Wohl mit dem Mut der Verzweiflung beantragte Kriege am 15. Juli 1843 bei dem vom Ministerium eingesetzten Regierungsbevollmächtigten für die Uni-

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