Romanzen hab’ ich ein ganz Teil, aber sämtlich freie Übertragungen aus dem Alt-Englischen. Sie sind meist lang. Kannst Du indes eine derselben brauchen, so steh’ ich gern zu Befehl und rechne in diesem Fall auf ein paar gelegentliche Zeilen. Beilegen kann ich nichts, weil ich das Arnz’- sche Album nur oberflächlich kenne und nicht recht weiß, was dafür paßt. Sei herzlich gegrüßt, mein lieber Schauenburg, freu Dich des Lebens, der Liebe und ganz besonders der Heimat, küsse Deinen Jungen und empfiehl mich Deiner Frau.
Jetzt wie immer Dein ,
Löwenstein hab’ ich seit Monaten nicht gesehn.
Th. Fontane.
2. Theodor Fontane an Hermann Schauenburg
Berlin, 4. Juli 1872
Mein lieber Schauenburg.
Es war mir eine große Freude, nach so vielen Jahren mal wieder von Dir zu hören, von Dir und den Deinen, und einige der letztren in effigie kennen zu lernen. Der kleinere scheint ein Schauenburgsches Gesicht und dito Haar zu haben.
Dein „Reserve-Lazarett“ werd ich, unter andrer Reiselektüre, mit ins schlesische Gebirge nehmen, wohin ich morgen abgehe. Bisher hab’ ich nur flüchtig hineingekuckt und ein paar Stellen gelesen, so beispielsweise die hübsche Erzählung Boeckers S. 58—60. Erlebt die Arbeit eine 3. Auflage, so ändre doch den Anfang dieser Erzählung ein wenig; wie sie da steht, muß man die Aktion selbst in die Einschließungstage verlegen, während sie diesen rorherging. Am Tage von Mars la Tour wurde der Einschließungs-Gedanke erst geboren.
Bei der Kreuz-Zeitung bin ich seit länger als zwei Jahren nicht mehr, unterhalte auch keine Beziehungen zu ihr, da ich in Folge einer „Szene“ von ihr schied. Sollte sich mir indes die Gelegenheit bieten, an andrer Stelle Deines Lustspiels Erwähnung zu tun, so werd’ ich es gewiß nicht unterlassen.
Mit der Bitte, mich Deiner verehrten Gattin unbekannterweise empfehlen zu wollen, in alter Anhänglichkeit Dein
Th. Fontane
Anmerkungen
1 Charlotte Jolles, Fontane und die Politik, Phil. Diss. Berlin 1936, S. 11.
2 Charlotte Jolles, Der Junge Fontane. In: Brandenburgisehe Jahrbücher, Heft 9, 1938, S. 13.
3 Hermann Fricke, Ein Berliner Taugenichts. Theodor Fontane. In: Berliner Hefte für geistiges Leben, 3. Jg., Heft 8/9, Berlin 1948, S. 136.
4 Z. B. Charlotte Jolles, Zu Fontanes literarischer Entwicklung. Bibliographische Übersicht über seine Beiträge in Zeitschriften, Almanachen, Kalendern und Zeitungen. 1839-1858/59. In: Jahrbuch der Deutschen SchiUergesellsChaft, 4. Jg., Stuttgart 1960, S. 400-424; Charlotte Jolles, Zu Fontanes literarischer Entwicklung im Vormärz. Ein Nachtrag. In: Ebenda, 13. Jg., Stuttgart 1969, S. 419-425; Theodor Fontane, Politik und Geschichte. Unter Mitwirkung von Kurt Schreinert hrsg. von Charoltte Jolles, München: Nymphenburger Verlagshandlung, 1969.
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