Heft 
(1979) 30
Seite
499
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hingab, und neben seinen Verwirklichungen auf literarischem Gebiet wird die Cartilha Maternal genannt.

Noch im selben Jahr, 1896, erscheint in der Berliner Wochenzeitung Die Gegenwart ein zweiter Artikel der genannten Journalistin über Joao de Deus' 1 . Diesmal wird dessen pädagogische Tätigkeit allerdings nicht erwähnt; die Verfasserin verweilt ausschließlich im Gebiet der Literatur und bringt, von dem konkreten Beispiel des portugiesischen Dichters ausgehend, in idealistisch-romantischem Ton die literarische Produktion mit der Volksseele in Verbindung. In der Liebeslyrik von Joao de Deus sieht Hedwig Wigger die Verwirklichung des dichterischen Genius der lusitanischen Rasse 3 . Nach einer sympathetischen Analyse des Joao de Deus, der als spontaner, einfacher und außerordentlich beliebter und volksverbundener Dichter vorgestellt wird, zeichnet der Artikel eine recht sorgfältige Charakteristik des portugiesischen Volkes, wobei die sanfte Art und die Liebesinbrunst betont werden.

Ein drittes und letztes Mal wird Joao de Deus in einem längeren Artikel von Hedwig Wigger erwähnt, der 18991900, also bereits nach der Ver­öffentlichung von Fontanes Roman Der Stechlin, unter dem Titel Portu­giesische Autoren in der berlinischen Zeitschrift Das litterarische Echo (Zweiter Jg., Okt. 1899 Okt. 1900, Sp. 695700) herauskommt. Hedwig Wigger berichtet über die Lage der zeitgenössischen Literatur in Portugal und ergeht sich bei der Berücksichtigung der Lyrik in der Lobpreisung der dichterischen und menschlichen Vorzüge von Joao de Deus, der wieder als die Inkarnation des Lyrik- und Liebesgenius der portugiesischen Rasse und aufgrund seiner persönlichen Entsagung und sozialen Tätigkeit als Christusfigur dargestellt wird 6 .

Von den drei genannten Artikeln Hedwig Wiggers interessiert uns im wesentlichen der erste, in dem die Journalistin mit Hingabe das Profil des Menschen und Pädagogen Joao de Deus zeichnet und sich auch auf die Cartilha Maternal bezieht, weil von ihm eine ursächliche Verbindung besteht zu dem Auftauchen des Joao-de-Deus-Motivs in Fontanes Roman Der Stechlin. Bevor wir uns jedoch näher mit diesem Motiv und seiner Rolle im Stechlin befassen können, seien einleitend einige für unsere Untersuchung wichtige Aspekte des Romans herausgestellt.

Der Stechlin, den Max Rychner zu Recht definierte alseines der weisesten Spiele, die mit der deutschen Sprache gespielt wurden 7 , wird im all­gemeinen von der Kritik als eine Art dichterisches Testament des alten Fontane betrachtet 8 .

Wir stehen einem vielschichtigen Roman gegenüber, den der Autor selbst mehrmals alspolitisch 9 bezeichnete und dessen Grundthematik in der Gegenüberstellung von Alt und Neu, von vergangenen und modernen Zeiten oder, wenn wir wollen, von einer alten, eindeutig hinfälligen Ordnung und einer vernünftigeren und menschlicheren neuen Ordnung besteht 10 .

Als zentrales Symbol dient Fontane der See Stechlin, der dem Roman den Titel verleiht. In einem versteckten Winkel der Mark Brandenburg,