für die universalen Zusammenhänge. So wie in vergangenen Zeiten das Lissabonner Erdbeben die Wasserbewegung im Stechlinsee auslöste, so wecken in der Zeit, in der die Romanhandlung abläuft, Leben und Werk von Joao de Deus die Begeisterung und Bewunderung von Lorenzen, und die Lehre der Demut und Liebe des portugiesischen „Heiligen“, durch die bewegten Worte des Landpfarrers vermittelt, erreicht einen ganzen Kreis junger preußischer Aristokraten.
Es kommt dem Autor der Cartilha Maternal eine ehrenvolle Rolle in der Konstruktion der sozialen und menschlichen Utopie zu, die Fontane in seinem letzten Roman entwirft. Dargestellt als guter Mensch, als Beispiel extremer Bescheidenheit und Ergebenheit gegenüber dem Nächsten, erscheint Joao de Deus als Musterbürger einer in echter caritas begründeten Gesellschaft, als Ideal, dem Lorenzen sich annähern möchte und das er einer neuen Generation zeigt, die sich der sozialen Problematik in der Welt bewußt sein soll, in der sie lebt, und es sich angelegen sein lassen soll, auf wertvolle Weise zu ihrer Lösung beizutragen.
Anmerkungen
1 Aus Portugal und Brasilien (1250—1090). Ausgewählte Gedichte, verdeutscht von Wilhelm Storck, Münster i. W. 1892, S. 181—184. Walter Müller-Seidel (Theodor Fontane. Soziale Romankunst in Deutschland. Stuttgart 1975, S. 450) schreibt bezüglich der Verbreitung der Lyrik von Joao de Deus in Deutschland: „Eine Sammlung seiner Dichtungen ist 1893 auch in deutscher Sprache erschienen. Fontane hat sie vermutlich nicht gekannt.“ Hier liegt eine irrtümliche Angabe vor, die berichtigt werden muß. Die 1893 unter dem Titel „Campo de Flores“ erschienene Sammlung mit Gedichten von Joao de Deus - auf die sich Julius Petersen in seinem bekannten Aufsatz über den „Stechlin“ (Fontanes Altersroman, in: Euphorion, Bd. 29, 1928, S. 45) bezieht und von der er nicht annimmt, daß Fontane sie gelesen hat — ist selbstverständlich in portugiesischer Sprache veröffentlicht, und es ist uns nicht bekannt, daß noch im gleichen Jahr oder später eine deutsche Fassung entstanden wäre. Außer den vier 1892 von Storck veröffentlichten Gedichten konnten wir keine weitere deutsche Übersetzung von Gedichten von Joao de Deus ausfindig machen.
2 Hedwig Wigger-Barsch (1853-1920/21?), Frau des schlesischen Romanciers und Dichters Paul Barsch (1860—1931), ist Verfasserin nicht nur zahlreicher in den damaligen deutschen Zeitschriften verbreiteter literaturkritischer Artikel, sondern auch zweier Novellenbände, deren einer. 1914 herausgegeben, den Titel trägt: In lusitanischer Sonne — vgl.: Kürschners Deutscher Literaturkalender auf das Jahr 1917. 39. Jg., Berlin-Leipzig o. J., Sp. 59. Wir danken unseren Freunden Maria Celeste Plückebaum und Prof. Dr. Dieter Woll für die über diese verborgene Lusitanistin übermittelten Informationen, die übrigens auch mit Eca de Queirös korrespondierte und dessen Roman „O crime do padre Amaro“ ins Deutsche übersetzt hat (s. E. Guerra da Cal, Lengua y Estilo de Eca de Queiroz. Apendice, tomo 1. Coimbra 1975, S. 30-31 und: Cartas de Eca de Queiroz aos seus editores Genelioux e Lugan (1887—1894). Lisboa 1961. S. 19—20).
3 Einigen Aussagen der Verfasserin, enthalten in den Artikeln, die wir im folgenden nennen werden, läßt sich entnehmen, daß diese Kenntnis von einem längeren Aufenthalt in der portugiesischen Hauptstadt herrührt. Nach ihrer Rückkehr nacb Deutschland hielt Hedwig Wigger ihre damals geschlossenen Freundschaften mittels Korrespondenz aufrecht. Siehe z. B. in dem Artikel „Portugiesische Autoren“ (in: Das litterarische Echo, Berlin 1899—1900, Sp. 695) den Bezug, den die Schriftstellerin auf den Visconde de Ouguella nimmt, dem sie damals eine Büchersendung mit den letzten portugiesischen literarischen Neuheiten verdankte.
4 H. Barsch. Ein portugiesischer Dichter (Joao de Deus), in: Die Gegenwart. Berlin, Bd. 50. 1896. S .327—329. Von den verschiedenen Artikeln über Portugal und portugiesische Dichter, die der Feder der deutschen Journalistin und Schriftstellerin zu verdanken sind, ist das der einzige, der nur mit H. Barsch unterzeichnet wurde. Die gewöhnliche Unterschrift lautete Hedwig Wigger.
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