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eins der Lieblingsmotive Fontanes, das „Draußen-Gewesensein" (Wir können das an vielen gerade seiner fortschrittlichen Gestalten illustrieren: Hirschfeld in Vor dem Sturm, Rubehns in L'Adultera, Bülow in Schach von Wuthenow). In diesem Zusammenhang sei denn schließlich auch eine interessante Notiz zitiert, die im 5. Band der Hanser-Ausgabe aus Fontanes Zettelkasten veröffentlicht worden ist. Die Notiz, offensichtlich ein Einfall für ein Thema eines Romans oder einer Erzählung, trägt die Überschrift:
„Was gilt?
Eng oder weit, Fern oder nah.
Zwei Damen: Frau Geh. R. Scharto.
Frau Gen. Kons. Lührsen.
Zwei Freundinnen. Eine Geheim-Rätin und eine Frau General-Konsul. Beide gleich alt (38) beide gleich klug, beide gleich gut situiert. Jene vertritt in brillanter Weise preußische Bildung, Schulung, Frommheit, Anschauung, diese die kosmopolitische Anschauung. Es kommt zu Konflikten und Trennung, bis die superiore Haltung der letztren siegt. Die erstre gibt es zu und die Freundschaft stellt sich wieder her." 11
Von den Gedankengängen im Brose-Roman-Gespräch und der Zettelkastennotiz führt der Weg direkt zum Englandmotiv im Stechlin, wo es zu einem wichtigen Bestandteil des ganzen Stechlin-Motivkomplexes wird und eine organische Eingliederung gelingt.
Das England-Motiv im „ Stechlin "
Im Vorwort zur ersten Auflage der Grafschaft Ruppin berichtet Fontane, wie in der schottischen Graftschaft Kinroß angesichts von Lochleven-Castle das Bild des Rheinsberger Schlosses wie eine Fata Morgana über den Levensee hinzog und ihn schließlich dazu brachte, den englisch-schottischen Wanderstab mit dem märkischen zu vertauschen. „ Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen', mit diesem Zitat wird das Vorwort eingeleitet. Vierzig Jahre nach diesem Erlebnis schließt sich der Kreis in dem Werk, das Fontanes Schaffen beschließt und das im Ruppiner Lande spielt, wenn als Fata Morgana die englische Insel am ruhigen Stechliner See erscheint: Und an der Themse wächst man sich anders aus als am .Stechlin". Eines jener Fontanischen Widersprüche oder im Zusammenklang beider Aphorismen erst die ganze Wahrheit?
Es ist das Motiv des Sich Auswachsens in der Fremde, der Horizonterweiterung, der Weltbildung, das den letzten Roman durchzieht, parallel zum Hauptmotiv der Weltbeziehung des Stechliner Sees und als Stütze des Hauptmotivs. Das Paradox der Gegenüberstellung von Themse und Stechlin angesichts des Stechlin-Symbols, löst Fontane selber auf, wenn er Woldemar hinzufügen läßt: unsern Stechlin dabei natürlich in Ehren". Der Roman,
als poiltischer Roman konzipiert, bringt das Bewußtsein einer Zeitenwende,
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