Heft 
(1968) 6
Seite
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Mein lieber Friedei.

Kissingen, 11. Juli 90

Habe Dank für das Buch, das ich gleich an Madame Henni Oppenheimer gelangen ließ; vielleicht sorgt sie, bei ihrer Rückkehr, für Werbung in Paris. Viel deutsche Concurrenz würde ich daselbst nicht zu besiegen haben, denn ich glaub nicht, daß deutsche Novellisten mit Ausnahme von G. Keller und Sacher-Masoch in Paris gelesen werden.

Daß Stilke 8 so tapfer bestellt und sich selbst bis an Petöfy heranwagte, rührt mich und freut mich. Möge es auch eine Ecke so weiter gehen.

Gestern waren wir zu einem kleinen Geburtstagsdiner (Frau Krigars !> Geburtstag) im Kurhaus und plauderten sehr angenehm, Menzel nett und ungewöhnlich gesprächig.

Alle andern Bekannten, mit Ausnahme eines sehr angenehmen aber sehr kränklichen Malers, sind abgereist und es beginnt öd und langweilig zu werden, öde, trotzdem die Zahl der Gäste wächst. Daß Du uns abholen willst, können wir nur mit Rücksicht auf Deine Skatpartie annehmen. Beste Grüße Dir und Lewy. Wie immer Dein alter Papa.

THEODOR FONTANE

Unveröffentlichte Briefe

an Friedrich Stephany 10

[Abschrift von der Hand Emilie Fontanes]

[Die Anrede fehlt in der Abschrift.]

Berlin, 23. Februar 87

Wie mich neulich L [udwig] P [ietsch]s a Artikel über die Lesseps-Feier geradezu entzückte, so heute, wenn auch in anderer Weise, der Bericht über die Feier im weißen Saal. Ich glaube, es ist eine Art von kollegiali- scher Pflicht, dies gelegentlich auszusprechen. Alles hackt immer auf ihn ein und ich selbst habe mitunter wenn er, wie manche einen Quartal­schnupfen, so seinerseits seinen Quartalcynismus kriegt meine schwe­ren Bedenken. Aber um so rückhaltloser muß man loben, wenn mal wieder sein riesiges Talent rein und reinlich zu Tage tritt. Wenn der Lesseps-Artikel durch Witz, Esprit und gute Laune glänzt, so dieser heu­tige Bericht durch ein plastisches Schilderungsvermögen, das, außer ihm, niemand hat. Ich wollte dies gern mal sagen, aber vor allem auch Ihnen, mal wieder Guten Tag sagen. Wenn Sie wollen, eine erneute Muthung und Festigung des Lehnsverhältnisses, Ihr

Theodor Fontane

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