zustimmen müssen: „Die Schilderungen“, so meint er, „sind ,amüsant 1 und zweifellos auch zutreffend, doch sie liefern ein Bild wie der gleichgültig seinen Apparat genau einstellende Photograph und rücken es für mein Gefühl zu sehr in die ,amüsante“ Beleuchtung. Als humoristische, während jener Periode selbst entstandene Aufzeichnungen hätten sie volle Berechtigung, aber beinah um ein halbes Jahrhundert später abgefaßt oder wenigstens veröffentlicht, erscheinen sie mir der Entwickelung, die der Dargestellte inzwischen genommen, seiner seitdem erlangten Bedeutung nicht würdig. Sie dürften nicht so vereinzelt dastehen, sondern nur als einleitender Teil einer der Gesamtpersönlichkeit und ihrem Wert gerecht entsprechenden Behandlung. So dienen sie leider dazu, auf Kosten Storms den immer bereiten Lachreiz unwissender und gedankenloser Leser zu kitzeln, bei den ernsthaft Gesinnten eine unrichtige Vorstellung zu wecken.“ 7
Obgleich Fontane nach vierzig Jahren noch in der Lage war, ein durch zahlreiche Details höchst anschaulich gestaltetes (wenn auch einseitiges) Bild von Storms Mentalität und Lebensumständen während der fünfziger Jahre zu zeichnen, erscheint in dem Essay sein eigenes Verhältnis zu ihm stark distanziert. Der Leser gewinnt den Eindruck — und soll ihn wohl auch gewinnen —, daß die Sympathie, mit der Fontane und seine Freunde seinerzeit Storm in ihren Kreis aufgenommen hatten, weniger dem Menschen als dem Dichter, vor allem aber dem Patrioten gegolten habe. Und schließlich wird das Interesse für den Dichter auch noch mit einer redaktionellen Absicht der „Argo“-Herausgeber motiviert, die in Storm vor allem einen potentiellen Mitarbeiter für ihr neugegründetes Jahrbuch gesehen hätten.
Tatsächlich weisen die Zeugnisse aus den Jahren 1853 bis 1855 etwas anderes aus, und noch im Jahre 1888, als Fontane einen Storm-Nekrolog entwarf — dessen Fragmente Hermann Fricke 1958 veröffentlicht hat 8 —, gab er eine zutreffendere Darstellung seiner ersten Begegnung mit dem Husumer Dichter. „Meine persönliche Bekanntschaft mit Storm“, so heißt es da, „geht bis auf den Winter 52 auf 53, meine literarische Bekanntschaft mit ihm aber bis auf den Sommer 50 zurück. Der Augenblick, wo mir das ,Oktoberlied 1 ... zum ersten Male vorgelesen wurde, steht noch in aller Deutlichkeit vor meiner Seele. Heyse, damals zwanzigjährig, wohnte bei seinen Eltern in einem Hinterhause in der Behrenstraße ... Anfang Juli (gleich nach der Schlacht bei Idstedt) stieg ich die dunkle, ziemlich ausgetretne Treppe hinauf, um oben Abschied zu nehmen, denn ich wollte nach Schleswig-Holstein und in irgendein Freikorps eintreten. Oben fand ich Heyse. ,Du willst nach Schleswig-Holstein, und das hier kommt aus Schleswig-Holstein“, und dabei wies er auf ein Manuskript, das, an Alexander Duncker geschickt, von diesem an Heyse gegeben war, um darüber sein Urteil abzugeben. Titel: Sommergeschichten. Verfasser: Theodor
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