hältnismäßig späte Umarbeitung. Im Manuskript (Kap. 12, Bl. 16) steht eine durchgestrichene Stelle (wohl die zweite Fassung), die dieser zwar entspricht, die aber wieder zu der schon früher bemerkten Praxis greift, wonach der Erzähler sich an den Leser wendet und gleichzeitig Romanwelt und „reale“ Welt vermischt:
Wir aber benutzen den Moment [allseitigen] allgemeinen Engagiertseins, um auch unsererseits ein wenig mit dem Leser zu plaudern und [ihm wissen zu lassen was wir] dem Leser über die neu- angekommenen Gäste alles dasjenige mitzutheilen, was wir selber bis dahin in Erfahrung bringen konnten.
Was Turgany angeht, so haben wir früher [bereits] Erzähltem nur noch weniges hinzuzufügen.
Stellen wir dies an die Seite des gedruckten Romans, so kann uns nicht entgehen, was dieser jetzt an Vertraulichkeit und persönlicher Teilnahme des Erzählers eingebüßt hat.
Besonders das letzte Kapitel von Vor dem Sturm scheint Fontane Schwierigkeiten bereitet zu haben. Obwohl der Inhalt (Auszüge „aus Renatens Tagebuch“) weitgehend festgelegt war, mußte die Formulierung des Rahmens verschiedene Fassungen durchmachen. Denn diese Auszüge sollten als Nachschrift eingeführt werden, und das ganze Kapitel sollte dann mit einem Besuch des Erzählers bei Renatens Grabe abschließen.
Bändchen IV
Die eigentliche Erzählung endigt mit der Befreiung Lewins, dem Tode Tubals und dem von Hoppenmarieken. Wendisches Begräbnis. Abgang der Freiwilligen nach Schlesien.
Dann folgt als historisches, den weiteren Verlauf gebende Appendix „Aus Renatens Tagebuch“. Erst sagen. Was wurde nun? Wir sind in der glücklichen Lage darauf antworten zu können. In unseren Händen ist ein stattliches Quartband mit nun schon wieder vergilbten Blättern, der Auskunft giebt. Es ist das Tagebuch das Renate führte. Es sind kurze Notizen, lückenhaft, Monate fehlen, aber immer wieder wird es aufgenommen und wir können durch eine lange Reihe von Jahren folgen. Wir excerpieren es und geben was auf unsere Personen Beziehung hat.
(Am Rand mit Bleistift geschrieben: Im ganzen gut so.)
So das 12. Manuskriptblatt des letzten Kapitels, das wohl als erster Entwurf gelten darf. Es beginnt als grober Umriß, geht aber dann in eine ausgearbeitete Fassung über, von der die späteren Abwandlungen ausgehen. Diese letzteren wollen wir uns jetzt etwas näher ansphen.
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