Heft 
(1968) 6
Seite
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Zunächst das 10. Blatt, dem Fontane selbst den TitelNachschrift gege­ben hat:

Wir brechen hier unsere Erzählung ab. In dem Glauben befangen, das aber doch der eine oder andere freundliche Leser noch ein paar Worte von den weiteren Schicksalen der Personen erfahren möchte, die uns bis hierher beschäftigt haben, schreiben wir diese Nach­schrift, der wir das in Hohenvietz bis diese Stunde aufbewahrte Tagebuch Renatens (das wie ein Familienschatz bis diesen Tag in Hohenvietz bewahrt und gehütet wird) zu Grunde legen. Das Tage­buch ist ungleich geführt; von vielen Lücken abgesehen, bringt es abwechselnd kurze Notizen und ausführliche Beschreibungen, je nachdem Zeit und Stimmung es zuließen. Mit dem Jahre 20 schließt es; was über dieses Jahr hinaus noch zu sagen bleibt, ist nicht viel mehr als eine Grabschrift. Wir geben nun einzelne Blätter, kurz oder lang,, wie wir es finden.

(Danach folgt ein Plan für das Tagebuch.)

Hier erscheint Fontane nicht nur in seiner Rolle als Schriftsteller, indem er von dem Sammeln seines Materials und dem Prozeß des Schreibens redet, sondern auch sozusagen als Lieferant, der um die Gunst seiner Kundschaft wirbt und deren Wünschen nachzukommen versucht (In den Glauben befangen, das aber doch der eine oder andere freundliche Leser noch ein paare Worte ... erfahren möchte).

Die nächste Fassung, insbesondere ihre Motivierung dieser abschließen­den Beschäftigung mit Renate und ihrem Tagebuch, lautet aber anders (Bl. 14):

Renate t

Das Leben im Roman (darüber: Der Ausgang eines) schließt mit Verlobung oder Hochzeit, aber nicht alle feiern Verlobung oder Hochzeit und da schließt das Leben wie sonst wohl erst mit dem Tod. Und so war es mit Renate. Und da sie mein Liebling war auch der Verfasser hat seine Lieblinge, so [sprech ich] geleit ich auch sie bis an ihren Ausgang. Und indem wir dies thun, erfahren wir noch allerhand. Es ist eine Gutthat, die uns belohnt wird und wir hören noch dies und das. Wir können das mit Hilfe eines Tagebuches, das [ich] bis diesen Tag im Hohen-Vietzer Herrenhause als ein theures Vermächtniß gehütet wird. Renate begann es den Tag als die Nachricht von Frieden kam und führte es bis in ihren Tod. (Dann folgen die Tagebucheintragungen.)

Hier wird zum ersten Male die Schlußpartie mit einer allgemeinen Be­merkung über die übliche Beschaffenheit von Romanen eingeleitet. Noch interessanter jedoch ist das Bekenntnis des Erzählers, daß einer der Cha-

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