Heft 
(1968) 6
Seite
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fluß Spielhagens oder dem seiner Anhänger geschah, unterliegt keinem Zweifel. Daß sie Fontanes eigenstem künstlerischem Instinkte wider­sprach wie der Brief an Hertz uns zunächst möchte vermuten lassen, ist aber keineswegs besagt. Die Begegnung mit Spielhagens Theorie hat ihn vielmehr sichtbar weitergeleitet auf einem Wege, den er schon von sich aus eingeschlagen hatte.

Es bleibt also nur die Frage, warum Fontane gegen die Kritik Zabels überhaupt Einspruch erhob, wenn er ja doch wie es sich später heraus­stellte davon beeinflußt wurde. Zum größten Teil war es wohl das Absolute und Dogmatische daran (vgl.:Es ist ein Stilpesetz des Erzäh­lers, daß er mit seiner Person nirgends hervortreten darf), das ihm miß­fiel. Denn er war ja immer geneigt, hinter alles ein Fragezeichen zu setzen, und glaubte nicht wie auch der ihm sonst so ähnliche Dubslav von Stechlin anunanfechtbare Wahrheiten. 27

IV

Wir richten unsere Aufmerksamkeit nun kurz auf einige andere Prosa­dichtungen, deren Manuskripte noch vorhanden sind. 28 Wie schon ange­deutet, ist in der Buchfassung dieser Werke die Persönlichkeit des Erzäh­lers gegenüber dem ersten Roman weitgehend verschwunden. Man könnte sich daher vorstellen, dies sei auf folgende Weise vor sich gegangen: Der Dichter sei zunächst seiner angeborenen Neigung gefolgt und habe die noch ziemlich vordergründige und geschwätzige Erzählerrolle von Vor dem Sturm beibehalten; dann habe er aber bei der Korrektur diese Rolle allmählich weggefeilt, so daß das Manuskript viel Durchgestrichenes ent­halten dürfte, was die Spuren des Erzählers verwische. Das ist aber kei­neswegs der Fall. Der weitaus größte Teil der diesbezüglichen Korrektu­ren hat vielmehr die Tendenz, die Persönlichkeit des Erzählers und sein Verhältnis zum Leser hervorzuheben. Freilich ist das Hervortreten des Erzählers hier nirgends so sichtbar wie in Vor dem Sturm; auch betreffen die Veränderungen in den Manuskripten weniger Bedeutendes. Trotz­dem verdienen sie unsere Aufmerksamkeit, und das nicht zuletzt, weil Fontane selbst die subtileren Seiten dieses Problems geahnt hat. In dem Brief vom 15. Februar 1896 an Spielhagen, wo er sich zu dessen Roman­technik offen bekennt, steht ein sehr leicht zu übersehender Satz, der gerade diese Frage der Feinheiten aufwirft. Wir zitieren den ganzen Zusammenhang:

Nicht minder als hinsichtlich dieser Frage bin ich in bezug auf die Technik des Romans mit Ihnen in Übereinstimmung. Was mich aufrichtig freut. Das Hineinreden des Schriftstellers ist fast immer vom Übel, mindestens überflüssig. Und was überflüssig ist, ist falsch. Allerdings wird es mitunter schwer festzustellen sein, wo

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