Heft 
(1968) 6
Seite
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Wir kehren jetzt zu den Manuskripten zurück und zu den Veränderungen, die dort vorgenommen worden sind. Im Manuskript von LAdultera (Kap. 1, Bl. 18) finden wir eine Stelle, die wieder an den Schluß von Vor dem Sturm mahnt:

Wer meiner Leser nach diesen einleitenden Worten [ein leises Interesse für meinen] meinen Vanderstraaten [gefaßt haben] im Geiste weitergebaut haben sollte, sich um den Charakter desselben weiter auszubauen, dem kann es nicht entgangen sein, daß er seiner ganzen [Natur auf einer humoristischen Grundlage aufgebaut war] Anlage nach zu den heiteren und gutgelaunten Naturen zählte ....

Die Buchfassung sieht sehr anders aus. Von der Vertraulichkeit bleibt keine Spur mehr:Van der Straaten, wie hiernach zu bemessen, war eine sentimental-humoristische Natur. 32 Da nun diese Korrektur ganz im Sinne der obigen Veränderungen aus dem Manuskript von Vor dem Sturm geschieht, ist man versucht zu meinen, die endgültige Vortragsweise von UAdultera beruhe also doch auf einem fortschreitenden Wegfeilen der hineinredenden Erzählerrolle, auf einer Unterdrückung von Fontanes schriftstellerischem Instinkte. Das wäre aber eine voreilige Schlußfolge­rung. Denn diese Korrektur aus dem ersten Kapitel ist ganz untypisch für den Roman als Ganzes. Es werden zwar außerdem einwir und einunser gemeint sind natürlich Erzähler und Leser aus dem Manuskripte weggestrichen und treten in der Buchfassung nicht auf. 33 Dafür aber erscheint einunser an zwei anderen Stellen des Romans als späterer Einfall, der dem Texte nachträglich eingefügt wurde. Was nun jene Partikeln betrifft, die die unsichtbare Wechselwirkung zwischen dem Schriftsteller und seinem Publikum bekunden, so ist hier eine deut­liche Tendenz zu bemerken. In nicht weniger als neun Fällen sind die Partikeln spätere Hinzufügungen was doch im Gegensatz zu dem Manu­skript von Vor dem Sturm steht, wo die Partikeln fast ausschließlich von vornherein festgelegt sind. An solchen Stellen ist es, wo man glaubt beob­achten zu können, wie Fontane sich wahrend der Korrektur mit seinen Lesern auseinandersetzt. Außerdem aber auch wieder aus kleinsten Satzteilen zu ermessen tritt in der Endfassung von LAdultera mehr persönliches Urteilen oder Empfinden seitens des Erzählers hervor, als ursprünglich beabsichtigt.

... und kaum einer war da, der nicht an eine glücklich beseitigte Gefahr geglaubt hätte. Aber mit Unrecht. Van der Straaten, absolut unerzogen, konnte .. . 34

Van der Straaten fiel in einen heftigen Krampfhusten, weil er, unter dem Lesen, unklugerweise von seinem Sherry genippt hatte. 35 Es muß leider gesagt werden, daß auch van der Staaten von die­sem Achselzucken betroffen wurde. 3 ''

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