Heft 
(1968) 6
Seite
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V

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die große stilistische Wasser­scheide in Fontanes Prosadichtungen gleich nach denn ersten Roman steht. Sie zeigt sich aber nicht nur in den Büchfassungen, wo der gesprächige, vertrauliche Erzähler von Vor dem Sturm weitgehend verschwindet, son­dern auch in den Manuskripten, wo jetzt eher in umgekehrter Richtung die Erzählerrolle des ersten Romans in der Werkstatt merklich ein­geschränkt wird, während sie in den darauffolgenden Werken, wenn auch nur an Einzelheiten, erweitert wird. Außerdem ist nicht zu leugnen, daß Spielhagens Theorie derObjektivität, wie ihr Fontane in der Rezension Zabels begegnete, bei der nachherigen Einschränkung des hineinredenden Erzählers eine große Rolle gespielt hat. Die große Gefahr ist aber, daß man Fontanes eigenen Anteil an dem ganzen Prozeß unter­schätzt oder gar übersieht. Unser Blick hinter die Kulissen lehrt uns jedoch gerade diese Gefahr vermeiden. Denn wir haben dort beobachten können, wie in Vor dem Sturm der Dichter schon von sich aus -seine ver­trauliche Erzählerrolle abgeschwächt hat und daher den Forderungen Spielhagens im voraus teilweise entgegengekommen ist; wie er aber dann in den folgenden Werken die Ausschaltung des Erzählers nie konse­quent durchgeführt hat, sondern vielmehr an dem Vortrag gefeilt hat, bis der Ton nicht mehr so trocken war und ein leichter, unauffälliger Kontakt mit dem Leser hergestellt war. Bei allem Einfluß Spielhagens hat Fontane also, immer eine beträchtliche künstlerische Unabhängigeit behalten. Jene kleinen Veränderungen, die wir in den Manuskripten nach Vor dem Sturm betrachtet haben, hätten zwar kaum die Mißbilligung Spielhagens hervorgerufen; ja er hätte wahrscheinlich gemeint, sie beträ­fen seine Theorie überhaupt nicht. Trotzdem gehören sie zu unserem Thema, denn sie veranschaulichen einige Feinheiten des Problems, die der Theoretiker Spielhagen außer acht gelassen, die Fontane selbst aber in dem Brief vom 15. Februar 1896 tastend berührt hat. Sie sind daher unter anderem ein Zeichen dafür, daß Fontane ein sehr feinfühliges stilistisches Empfinden hatte, und erinnern uns weiter an seine, natürliche Abneigung gegen jede Verabsolutierung und jedes Dogmatisieren.

Am 24. November 1896 schickte der Dichter ein Exemplar von Die Poggen- puhls an Spielhagen. Als Abschluß unserer Betrachtungen zitieren wir nun aus dem begleitenden Brief, der die ganze ambivalente Tendenz unserer obigen Beobachtungen Anerkennung für Spielhagen, aber zu­gleich auch persönliche Unabhängigkeit und Infragestellung alles Extre­men und Kategorischen'kurz zusammenfaßt: '

Gestatten Sie mir, diese Zeilen auch mit dem jüngsten Kinde meiner

Laune zu begleiten. Ich säumte bisher damit, weil das Buch, wenn

auch sehr ungewollt, fast wie ein Protest gegen die von Ihnen

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