HEINZ-DIETER KRAUSCH (POTSDAM)
Die natürliche Umwelt in Fontanes „Stechlin“
Dichtung und Wirklichkeit
Die märkische Landschaft, ihre Menschen und ihre Geschichte bilden die Grundsubstanz der meisten Werke Fontanes. Auch seinen Roman „Der Stechlin“ hat er in einem charakteristischen Bereich seiner märkischen Heimat angesiedelt, den er bereits früher in dem Ruppin-Band seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ eingehend beschrieben hatte. Aber die natürliche Umwelt in Fontanes Stechlin ist nicht die naturgetreue Widerspiegelung der Wirklichkeit. Obgleich der See den eigentlichen Hintergrund der Handlung abgibt, setzt sich der Schauplatz doch aus verschiedenen Elementen zusammen. Räumlich und zeitlich verschiedene Eindrücke fließen hier unter dem Blick des Dichters zu einem Gesamtbild zusammen.
Seit jeher ist die Fontaneforschung bemüht, die verschiedenen Komponenten in Fontanes Werk zu analysieren. Die Aufspürung mancher Zusammenhänge erfordert jedoch eingehende Detailkenntnisse. Daher sind bis heute noch verschiedene Fragen offengeblieben. Einer Aufforderung des Fontane-Archivs nachkommend, will der Verfasser, der sich als Mitarbeiter der Forschungsstelle für Limnologie seit verschiedenen Jahren mit dem Stechlin und seiner Umgebung beschäftigt, die diesbezüglichen Ausführungen Fontanes einmal von dieser Sicht aus beleuchten. Außer auf den Roman „Der Stechlin“ soll hier auch auf die Darstellung „Die Menzer Forst und der Große Stechlin“ in dem Band „Die Grafschaft Ruppin“ (Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Bd. 1) eingegangen werden.
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Einzigartig treffend ist die Schilderung des Stechlin bei Fontane. „Zwischen flachen, nur an einer einzigen Stelle steil und kaiartig ansteigenden Ufern liegt er da, rundum von alten Buchen eingefaßt, deren Zweige, von ihrer eigenen Schwere nach unten gezogen, den See mit ihrer Spitze berühren. Hie und da wächst ein weniges von Schilf und Binsen auf . . . Alles still hier.“ Mit wenigen Worten hat der Dichter die landschaftliche Stimmung eingefangen, die auch heute noch den Besucher empfängt. Noch heute neigen sich Buchen und andere Bäume vom Ufer her über das Ufer und schaffen ein Bild, wie es an norddeutschen Seen nur noch selten in dieser Geschlossenheit zu finden ist. Daß sich die ursprüngliche Schönheit dieses Sees bis heute im wesentlichen erhalten hat, ist in der Hauptsache den Bestrebungen des Naturschutzes zu danken. Auf Betreiben des um den brandenburgischen Naturschutz hochverdienten Dr. Hans Klose wurden der Große Stechlinsee und Teile seiner Umgebung 1938 zum Natur-
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