V* \>\
IHM
und je nach der Position des Autors unterschiedlich beantwortet. Dabei
— so will uns scheinen — häufen sich insbesondere in westdeutschen Darstellungen Feststellungen und Meinungen, die denen Fontanes schroff entgegenstehen. Wir wollen uns hier mit einigen wenigen Beispielen begnügen:
Sogar bezüglich jenes Restes der slawischen Bevölkerung Ostdeutschlands, in dem Traditionen eigener Sprache und Kultur noch heute lebendig sind, die von der Verfassung der DDR anerkannt und geschützt werden 8 , äußerte der führende Vertreter der Landesgeschichtsforschung in der Bundesrepublik, G. W. Sante 9 : „Jetzt genießen sie von Staats wegen eine besondere Förderung über das Maß hinaus, das ihrer geschichtlichen Bedeutung entsprechen würde.“ 10 Speziell hinsichtlich Brandenburgs glaubte E. Faden behaupten zu dürfen, das einst von Polaben „dünnbesiedelte Land“ sei durch „viele Feldzüge und innere Fehden so entvölkert“ gewesen, „daß die spätere Landnahme einer Ursiedlung fast gleichkommt.“ Und Adolf Bach, der bekannte Verfasser der wiederholt aufgelegten „Deutschen Volkskunde“, bemerkte mit einem deutlichen Seitenhieb auf Fontanes eingangs angezogene Werke 12 : „Jedenfalls aber ist der Einfluß des Wendischen in der Mark von vielen überschätzt worden, zumal von Theodor Fontane..., der die These, das Wendische sei ein ,konstitutives Element des Märkisch-Preußischen“, überspitzt hat.“ 13
Ernste Bedenken gegen Fontanes Einschätzung des Gewichtes der Wendenfrage sind aber während der letzten Jahre nicht nur in Westdeutschland erhoben worden. 1965 veröffentlichten auch die „Fontaneblätter“ 14 eine in dieser Beziehung interessante Diskussion. Zunächst unterzog E. Tietze, ein in vieler Beziehung sachkundiger Heimatforscher aus dem Bezirke Frankfurt (Oder), Fontanes „Wanderungen durch das Oderland“ einer kritischen Überprüfung 15 . Ihr erster Teil beschäftigte sich allgemein mit der Wirtschaft und Lebensweise der Oderbruchbewohner in vergangenen Zeiten und kam zur Einschätzung, es sei vieles in Fontanes Ausführungen „doch zu märchenhaft“ 16 . Wichtiger als diese Kritik scheint indessen für unser Thema Tietzes Stellungnahme zum „Wendentum“, welches gerade im Oderbruch Fontane als unzweideutige Realität erschienen war. Ähnlich wie die in den westdeutschen Beispielen genannten Stimmen wertet auch er des Dichters Auffassung vom Gewichte des slawischen Elements — sowohl aus historischer Sicht als auch in der Frage der Siedlungskontinuität und damit der gegenwärtigen Aktualität
- als maßlose Übertreibung. Sein Resultat gipfelt in den beiden Sätzen: „Wir suchten nach Spuren des Wendentums und fanden so gut wie keine“ 17 , — und: „Das Wendentum verschwand hier schon im dreizehnten Jahrhundert..., während die deutschen Kolonisten als Bauern angesetzt wurden“ 18 .
389