Heft 
(1969) 8
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hauptete, hatte in den Randgemeinden zum Barnim- und Lebus- plateauder deutsche Kultureinfluß schon durch Jahrhunderte statt­gefunden. Aberdiese Berührung blieb eine spärliche, mäßige, wie sie es immer gewesen war 40 , was Fontane berechtigte, hier sogar für die Jahre 1812/13 vonaltwendischen Dörfern undalten Wendenbauern zu sprechen 41 .

4. Allerdings hatte die Slawität der Oderbrücher in jenen Epochen, die konkret zur Darstellung kommen, d. h. im 18. und im beginnenden 19. Jahrhundert, ein wichtiges Kriterium bereits verloren, denndie deutsche Sprache war eingedrungen; es ist nicht festzustellen wann 42 .

5. Trotz ihrer Preisgabe glaubte Fontane von einer außerordentlich großen nationalen Exklusivität seineralten Wenden sprechen zu dürfen, die den wenigen Deutschen, die sich unter ihnen nieder­gelassen hatten,das Leben so schwer wie möglich machte 43 .

6. Anthropologisch wollte er einenentschieden wendischen Typus erkennen, der sich allgemein in urwüchsiger Kraft, speziell bei Männern durch hagere Gestalt undausdrucksvolle Gesichter, bei jüngeren Frauen durchvollere Formen, frischen Teint und ausgesprochene Schönheit kund tat 44 .

7. In den Charaktereigenschaften gab Fontane derwendischen Bevöl­kerung vor den Deutschen den Vorzug. Sie sindbesser, störrig aber zäh und zuverlässig... und gescheit dazu 45 . Ihre Schwerfällig­keit wurde nicht unbedingt als Nachteil empfunden. 46

8. Das Wendentum umfaßte die verschiedensten sozialen Schichten des Dorfes, Bauern ebenso wie Gesinde, Bedienstete des Gutsherrn oder Müller und Küster 46 **.

9. Sofern Wenden irgendwo im Stadtbereich ansässig geworden waren, sahen sie sich im besonderen Maße der Diffamierung und dem Spott ihrer Umwelt ausgesetzt 47 .

10. Seit 1747 kam es im Zuge der kolonisatorischen Maßnahmen Friedrichs II. zur Masseninvasion landfremder Siedler. Zu den acht alten Dörfern des inneren Bruches traten 43 neugegründete Orte, die 1300 zugewanderte Familien auf nahmen. Das warenDimensionen, unter denendas Wendentum in kürzester Frist ersticken mußte. Die Gäste wurden nun die Wirte und gaben den Ton an. Dagegen be­schränkte sich die Kolonisierung in der Randzone auf eine Ein­siedlung in die bereits bestehendenaltwendischen Dörfer 48 .

11. Unter den Zugezogenen befanden sich neben vorwiegend Deutschen (vor allem Pfälzern) auch Polen und Tschechen 49 . Erstere gründeten sogar ein eigenes Dorf im Bruch 50 , während die Tschechen Hofstellen in den altwendischen Randdörfern annahmen 51 .

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