Heft 
(1969) 8
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lang und gesund, die Frauen aber als selbst vonKennern weiblicher Schönheit bewundert. Ihrimmer heiterer Sinn sei einglücklicher Charakterzug ebenso wie Beharrung und Treue 58 . Vomunverwüstlichen Frohsinn der Wenden spricht ebenfalls C. J. Weber (etwa 1820), der gleichzeitig die soldatische Tüchtigkeit der Männer sowie die gesunde Natur und das sanfte Wesen der Frauen herhob 59 .Wie imponieren nicht die hohen, kräftigen Gestalten der Männer, wenn sie in ernstem Schwei­gen hinterm Pfluge hergehen. Undwie ergötzt nicht der Anblick der frischen, kernigen Frauen und Jungfrauen ..., ruft 1852 C. Thieme voller Begeisterung aus 60 . Eine so auffällige und fast übertriebene Apologetik des Wendischen wird erst verständlich, wenn wir die Frontstellung all der genannten und vieler anderer Autoren gegen die sog.alten Schrift­steller berücksichtigen, womit nicht nur die mittelalterlichen Chronisten gemeint sind, sondern die gesamte sich auf jene bis in die jüngste Zeit stützende Tradition 61 , die u. a. auch in Recht und Verfassung ihren Nieder­schlag fand 62 . Es war ein Kampf gegen den Fluch, der wie es K. Limmer 1839 ausgedrückt hat 63jedem Philanthropen nur Ekel verursachen mußte, weil er noch immernach 1000 indessen verflossenen Jahren auf einer ganzen, durch ihn in das äußerste Unglück gestürzten Nation lag 6 ' 1 .

Vor diesem Hintergrund findet auch die nationale Exklusivität der Wenden ihre natürliche Begründung, in der es zwischen Fontanes Angaben 63 und den Feststellungen der vorstehend charakterisierten Schriftsteller­gruppe keinen nennenswerten Unterschied gibt. Die Exklusivität äußerte sich nach J. E. Fabri (1786) im Ablehnen von Neuerungen 66 , nach Gleim (1842) verschanzte sie sich hinter derBeschaffenheit des Bodens, die zum Schutze diente, da dieKommunikation sich alsschwierig erwies 67 . Daß übrigens die Exklusivität als Wurzel desecht Volks­tümlichen einen ausgesprochenen Bewußtseinsfaktor bildete, hat wieder­um C. Thieme (1852) unterstrichen mit den Worten:Die Wenden wissen und fühlen sich einig in ihrer Stammesverwandschaft. .. 68 . Als wichtige Manifestation der Nationalität wird übrigens von allen genannten Autoren die wendische Tracht gewertet. Durch sie distanzierte sich das Slawentum schon äußerlich von der deutschen Umwelt.

Endlich sei als bezeichnend hervorgehoben, daß auch nicht ein einziges Mal in der von uns angegebenen Wendenliteratur von einer Gleichsetzung der Slawen bzw. ihrer Abkömmlinge mit dem Kossätenstand, für welche neuerdings E. Tietze plädiert hat, die Rede ist. Gerade die Autopsie in einem noch existenten Wendenbereich, wie die Lausitz mit ihren ethnisch und national geschlossenen Dorfgemeinschaften es war, ließ eine solche Meinung überhaupt nicht aufkommen. So wird auch Fontanes diesbezüg­lich gleichlautende Äußerung 69 wiederum von der literarischen Tradition her erhärtet.

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