rer Zeit als Faktum herausgestellt worden 82 . Es erwies sich, daß spätere Darstellungen — seien sie auch nur Teilbereichen jener Problemkreise gewidmet — nicht umhin konnten, Fontanes Ausführungen Beachtung zu schenken. Es darf darum mit Fug und Recht die Frage gestellt werden, ob und inwieweit auch das Bild, welches Fontane über die ethnischen Gegebenheiten entworfen hat, und das letzten Endes in den positiven Traditionen der deutschen Aufklärungsliteratur wurzelt, von späteren Autoren übernommen wurde.
Wenn wir dabei von Vertretern prinzipiell entgegengesetzter Anschauungen absehen und uns auf die Konfrontation mit einer kleinen Auswahl in ihrer Art repräsentativer Autoren — vom Heimatdichter über den Landeskundler bis zum Lokalforscher — vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die beginnenden dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts — beschränken 83 , so erhalten wir etwa den folgenden Tatbestand:
1. Die friderizianische Kolonisation wird als entscheidender Wendepunkt in der Geschichte des Oderbruchgebietes gewertet 84 .
2. Die Weiterexistenz einer wendischen Bevölkerung über die Zeit der mittelalterlichen deutschen Ostexpansion hinaus wird als Tatsache hingenommen 83 .
Neben diesen beiden, im Prinzip mit Fontane korrespondierenden Feststellungen fällt indessen eine ganze Reihe abweichender Einschätzungen auf:
1. Nahezu durchgängig wird der hochmittelalterliche Landesausbau auch für das Oderbruch als entscheidender Eingriff in die ethnische Struktur der Landschaft im deutschen Sinne gedeutet 86 .
2. Auffällig erscheint die weitgehende Identifizierung von wendischen Relikten mit gewissen sozialen Gruppen der Bevölkerung, d. h. mit Fischern, Kossäten 87 oder „Angehörigen besitzloser Schichten“ 88 .
3. Auch in lokaler Beziehung zeichnet sich gegenüber Fontane eine sichtliche Verengung des spätwendischen Bereiches ab, wobei augenfälligerweise seit der Jahrundertwende die Tendenz zur lokalen Einengung zunimmt und sich auf Neuhardenberg-Quilitz konzentriert. Im Gegensatz zu A. Trinius, der noch 1885 zwar auch dieses Dorf als einstige Hochburg des Wendentums vorstellte, gleichzeitig aber für die „meisten anderen Dörfer des Oderbruchs“ ebenfalls „fast nur wendische Bevölkerung“ annahm 89 , spricht M. Pohland (1929) von der Sprach- und Trachteninsel Neuhardenberg 90 und H. Teuchert (1930) ebendort von einem „Kernstück slawischer Bevölkerung“ und betont, es werde ansonsten „der Hundertsatz slawischer Abkömmlinge weit überschätzt“ 91 .
4. Schließlich fehlt in allen späteren Darstellungen jener apologetische Akzent, den Fontane mit der Aufklärungsliteratur teilte. Zwar bleiben
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