abfällige Bemerkungen, wie die von A. Götze, die prähistorische „slawische Kultur, und nicht nur im Oderbruch“, sei „sehr dürftig“ 92 , in unserem Rahmen Einzelaussagen, aber eine Betonung wendischer Vorzüge erschien offensichtlich nicht mehr opportun.
Neben den vorstehend summarisch und zusammenfassend aufgezählten Merkmalen, in denen die spätere Literatur dem Fontanebild eines wendischen Oderbruchs folgte bzw. von ihm abwich, zeigt sich verständlicherweise eine ganze Palette unterschiedlicher Auffassungen zwischen den einzelnen Autoren zu Teilfragen der Wendenproblematik bzw. zur Methodik ihrer Erfassung. Trinius, der zeitlich und sachlich Fontane auch sonst am nächsten stand, entspricht diesem auch darin, daß er die alte Volkstracht als sicherstes Kriterium des Wendischen wertete 93 . Dagegen glaubte einige Jahrzehnte später Helgenberger gerade an Neuhardenberger Trachtenelementen die — wie er es ausdrückt — „naturgemäße Mischung von Wendentum und Frankentum“ ablesen zu können 94 . Und R. Schmidt, der dem 2. Band des Mengelschen Sammelwerkes über „Das Oderbruch“ den volkskundlichen Teil geliefert hat 95 , enthielt sich in seiner ausführlichen Darstellung der alten Volkstracht überhaupt jeglicher Ausdeutung im ethnischen Sinne.
Allgemein läßt sich beobachten, daß neben und vor der Tracht von den Späteren gerade solchen Merkmalen zur Bestimmung des „Wendischen“ der Vorzug gegeben wurde, deren sich Fontane nur mit Skeptik und Zurückhaltung bedient hatte 96 , nämlich Bauweise, Volksmythologie, Brauchtum und slawischen Sprachrelikten. Wie bereits erwähnt, erscheint das alte Quilitz (Neuhardenberg) bei Pohland nicht nur als „Trachteninsel“. Die Nachkommen der einstigen Bewohner dieses Ortes wurden — nach Pohland 1929 07 — „infolgedessen von der Umgegend für Nachkommen der Lausitzer Wenden gehalten“. — Es wirkt sicher einigermaßen befremdend, wenn allein damit für ihn selbst „deren Zugehörigkeit zum sorbischen Zweig der Polaben“ als „bewiesen“ gilt.
Zusammenfassend kann unsere am Beginn dieses Abschnittes aufgeworfene Frage nach dem Weiterleben der Fontaneschen Konzeption zur Wendenproblematik im Oderbruch während des folgenden mehr als halben Jahrhunderts etwa dahingehend beantwortet werden: Jene Elemente der Fontanischen Konzeption, die sich dem Gedankengut der Aufklärungsliteratur anschlossen und der Verunglimpfung des Wendischen steuern wollten 98 , wurden nicht aufgegriffen. Es war schon lange vor dem Machtantritt Hitlers 99 zur Mode geworden, wie es u. a. H. Teuchert in seiner Darstellung „Slawischer Reste“ innerhalb der „Mundart des Oderbruchs“ 1925" a gefordert hat, „gegen die slawenfreundliche Haltung mancher Forscher Front zu machen“.
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