Heft 
(1969) 8
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Auf der anderen Seite zeigt sich in konkreten ethnisch-siedlungsgeschicht­lichen Fragen bei späteren Darstellern allenthalben der starke Einfluß Fontanescher Konzeption. Allerdings wurden seine Thesen vielfältig und in individuell sehr unterschiedlicher Weise modifiziert. Zum wirklichen Fortschritt im Sinne eines steigenden Erkenntnisprozesses ist es dabei leider nicht gekommen. Im Gegenteil, es wurden sogar Fontanes metho­dologisch-kritische Vorbehalte, die J. Fürstenau mit Recht gewürdigt hat 100 , über Bord geworfen. Auch in der sichtlichen Hinwendung zum Kriterium der slawischen Sprache, zu dem Fontane bei aller Anerkennung seiner Wichtigkeit nichts Näheres aussagen konnte 101 , liegt kein absoluter Fort­schritt, solange onomastische Erhebungen, Reliktwortforschung und Stu­dien zur mundartlichen Phonetik nicht durch anderweitige Quellen, ins­besondere durch archivalische Zeugnisse über die Umgangssprache einer Bevölkerungsgruppe, gestützt werden können.

Wie sehr sich über das bereits durch Fontane Gesagte hinaus das Wenden tum des Oderbruchs nach wie vor der konkreten Erfassung ent­zieht, hat denn auch A. Götze im 2. Band des mehrfach erwähnten Mengel- schen Sammelwerkes einigermaßen treffend gesagt 102 :

Ebenso wie sich für die Einwanderung der Slawen in das Oderbruch kein bestimmter Termin nennen läßt, kann auch das Ende der slawischen Besiedlung nicht angegeben werden. Die Erwerbung des Landes durch die Deutschen brachte zwar deutsche Kolonisten, aber daneben erhielt sich noch die slawische Bevölkerung. Der Aufsaugungsprozeß ging ganz allmählich vonstatten und reicht bis in die Gegenwart.

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DerAufsaugungsprozeß bis in die Gegenwart ist bei Götze ganz wie bei Fontane im allgemein anthropologischen Sinne zu verstehen, nicht etwa als noch andauernde sprachliche Assimilierung. Trotz alledem: Gegenbeweise gegen ein Fortleben slawischer Umgangssprache in den Oderbruchdörfern bis weit hinein in die Neuzeit soviel sei gegenüber Tietze auch an dieser Stelle nochmal betont 103 gibt es nicht.

In denZusätzen zu dem Pirnischen Mönch 104 , einem namhaften geogra­phischen Autor des beginnenden 16. Jahrhunderts, dem wir mancherlei wertvolle Mitteilungen zur damaligen ethnischen Lage verdanken, wird das sog.kleine Wendland 105 nicht allein in den damaligen sorbischen Sprachgebieten der Lausitzen, der wettinischen Lande und der nach Brandenburg inkorporierten vormals lausitzischen Territorien lokalisiert 106 , sondern zu Teilen u. a. auchin der brandenburgischen Mark selbst. Da sich der Pirnaer Mönch ansonsten in seinen ethnographischen Feststellun-

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