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des 19. Jahrhunderts gelungen. Gleichgültig ob in Orten, wo noch slawisch gesprochen wurde, oder in solchen, wo der Sprachwechsel im voraufgehenden Jahrhundert eben vollzogen war, betrachteten sich daselbst einige hundert Seidentopfs als Säulen des Deutschtums in urdeutschem Lande 123 .
Daß bei Justizrat Turgany, der Seidentopf gegenüber zum Apologeten des Slawentums — übrigens im Sinne der positiven Tradition der deutschen Aufklärung — wird, „allzudeutlich die eigene Stimme“ Fontanes durchklingt, das hat bereits H. H. Reuter sehr treffend bemerkt 124 . Vielleicht darf man Reuters Worten hinzufügen, daß der Dichter sicher nicht ohne Absicht, sondern bewußt an die Adresse seiner Kritiker gerichtet vom „panslawistischen Justizrat“ spricht. Mit dem Anwurf des politischen Panslawismus versuchte man seit den vierziger Jahren 124 » und bis weit über das 19. Jahrundert hinaus sowohl die eigenkulturellen Bestrebungen der Sorben als deutschfeindlich und im Solde fremder Mächte stehend zu diffamieren als auch ganz besonders einen Rufmord an allen Einzelpersonen zu provozieren 125 , die sich der immer allgemeiner werdenden Germanomanie nicht vorbehaltlos einordneten. Was Fontane übrigens von der Substanz dieser oftmals angewandten Unterstellung staatsbürgerlicher Unzuverlässigkeit gehalten hat, das zeigt seine Formulierung: „scheinbar den Apostel des Panslawismus zu machen“ 12r \ Nicht um den „fingierten“ Panslawismus ging es nämlich, sondern um die Bekämpfung des Wahnes der Seidentöpfe, „die Welt als bloßen Rohstoff für die Durchführung germanisch-sittlicher Mission“ 127 zu okkupieren.
Unter den Faktoren, die Fontane — bei all seiner Verwurzelung in altpreußischen Traditionen — davor bewahrt haben, je zum Anbeter Bismarcks zu werden und „in den Nationalismus der Gründerzeit“ zu verfallen 128 , spielt seine gründliche Auseinandersetzung mit der deutschwendischen Wechselseitigkeit 128 — konkret im brandenburgischen Bereiche — eine in der Tat entscheidende Rolle. Diese Auseinandersetzung ist seit der Konzipierung seines Spreewaldfeuilletons niemals ganz abgerissen. Sie befähigte den Dichter zugleich zur sachlichen und unvoreingenommenen Würdigung und Beurteilung anderer Slawinen, etwa in seinen Arbeiten am „Deutschen Krieg von 1866“ 130 bei der „intensiveren Berührung mit der slawischen Welt der Gegenwart in Böhmen und Mähren“ 131 oder auch in der sachlichen Darstellung „preußischer Geschichte in ihrer Verflochtenheit mit der polnischen Frage“ 132 .
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