Heft 
(1969) 8
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Präraffaeliten-Bewegung lebte mit seiner zweiten Frau, der Witwe eines gewissen Hodgkinson, in sehr bescheidenen Verhältnissen, so bescheiden, daß die Familie die ärztlichen Bemühungen von Dr. Morris nicht mit Geld bezahlen konnte. Statt dessen soll Frau Millais Morris gelegentlich Bilder des jungen Millais überreicht haben. Tatsächlich besaß James Morris Millais-Bilder, wie wir bald zu berichten haben, aber ob sie die betreffenden Bilder sind, die diese Geschichte bestätigen würden, wissen wir nicht. Es steht aber fest, daß diese Bilder, die sich jetzt in der Tate- Gemäldegalerie in London befinden und der Galerie vom Sohn James Morris geschenkt wurden, vom jungen Millais stammen. Wir finden diese mögliche Verbindung zwischen Morris und der Millais-Familie nicht unwichtig für unser Gesamtbild, da sie zeigt, daß Morris sich für die Werke der Präraffaeliten interessierte.

Die Präraffaeliten waren mit den sozialen Problemen ihrer Zeit sehr beschäftigt. Nikolaus Pevsner nennt sie sogardie predigenden Maler 9 und zitiert dabei die Millais-Bilder wieAccepted (angenommen) or Retribution (Vergeltung) und Ford Madox BrownsWork (Arbeit). Das letztgenannte Bild zeigt, wie Carlyle und F. D. Maurice (der Gründer der Schulen für Arbeiter) Spazierengehen, während man im Hintergrund Arbeiter, ärmlich gekleidete Kinder und ein wohlhabendes Mädchen, so­wie Reklame für die Arbeiterschulen erkennen kann. 10

Vielleicht liegt in den Beziehungen zur Millais-Familie und damit zur Präraffaeliten-Bewegung unser erster Ansatzpunkt, um die Beziehung von Morris zur Frage der Sozialreform weiter zu untersuchen.

In den nächsten Jahren ausgenommen die bereits erwähnte Ernennung von Dr. Morris Fellowship des Royal College of Surgeons of England im Jahre 1853 hören wir erst wieder von Morris am Anfang des Jahres 1855, als er einen kurzen Aufsatz an die medizinischen ZeitschriftThe Lancet über die Behandlung einer Hautkrankheit, nämlichAcne Rosacea schrieb. Wie dies so oft in den medizinischen Schriften von Dr. Morris vorkommt, finden wir seine Vorliebe für literarische Zitate auch hier bestätigt, diesmal von Shakespeare:Do thou amend thy face, and Fll amend my life. Sein Stil ist gut, seine Meinung klar und seine Ideen für die Medizin seiner Zeit nicht unvernünftig.

Weitere Aufsätze folgen 1856 inThe Medical Time & Gazette 11 , 1857 wieder inThe Medical Times & Gazette 12 als Antwort auf eine Leserfrage über die Impfung von Hunden, worin Dr. Morris sich auf die Arbeit von Dr. Jenner stützt. 13 Am selben Tag, dem 10. Januar 1857, lesen wir einen weiteren Brief von Morris inThe Lancet über die Londoner Kanalisation. Hier finden wir die ersten Äußerungen des Dok­tors über die Hygiene, ein Thema, das ihm immer wieder zu schaffen machte, und ein Thema, das sein Interesse an der Sozialreform weiter