Heft 
(1969) 8
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gemahl Albert starb im Jahre 1861 an den Folgen einer Krankheit, er­zeugt von der schlechten, bazillenreichen Kanalisation in Sandringham und erwies sich zugleich als eine schreckliche Prophezeiung, als im No­vember 1871 der Prinz von Wales, der spätere König Eduard VII., an einer ähnlich erzeugten Krankheit ernst und für längere Zeit erkrankte. 26

Was aber den Stil des Buches betrifft wir sprachen gerade von einer möglichen Rhetorik so ist er, wie immer bei den Schriften von Morris, gut, und seine Meinung ist klar dargelegt. Besonders auffallend sind die zahlreichen Zitate aus der englischen Literatur, die er benutzt, um den Inhalt zu erhellen und deutlicher zu machen. Wir finden sogar zwei Zitate aus Goethes Faust: interessanterweise als ob in Vorahnung auf die heutige Goethe-Forschung bedient er sich der Rede Wagners über Homunculus in Faust II (Verse 6857/60) 27 , um die von ihm angegriffene Bazillen-Theorie zu verspotten. Obwohl es die Gewohnheit mancher Schriftsteller der damaligen Zeit gewesen sein mag, in einem etwas zu blumenreichen Stil zu schreiben, gewinnt man durchaus bei Morris nicht den Eindruck, daß er blumenreich, sondern vielmehr, daß er geistreich und lebendig schreibt und so, als ob es ihn Überwindung gekostet hätte, seine Begeisterung für die Literatur vollkommen zu unterdrücken.

Im nächsten Jahr, 1868, erschien sein zweites Buch:Irritability (Reizbar­keit) : Populäre und praktische Entwürfe von gewöhnlich krankhaften Zuständen, die an Krankheit angrenzen. Diesmal wird dem Leser eine Sammlung von guten, ärztlichen Ratschlägen erteilt. Morris will dem Laien helfen, den unwohlen Zustand, der manchmal einer Krankheit vor­ausgeht, zu erkennen und sich demgegenüber vernünftig zu verhalten, so daß manchmal der Krankheit vorgebeugt werden kann. Den Leser wird etwas gelehrt, ohne daß er sich belehrt fühlen muß. Dies geschieht in verständlichen Worten und mit vielen literarischen Zitaten, nicht nur in Latein und Englisch, sondern auch in Deutsch, wie vorher erwähnt, z. B. aus Faust. Seine Ansichten über die Hygiene werden auch in diesem zweiten Buch wieder stark betont. 28

Das Interessante aber daran für unsere Untersuchung hier ist der Blick, der in diesem Buch auf den Verfasser selbst geworfen wird. Der ärztliche Beruf, meint er, seiein Zweig des klerischen und ist die stärkste Bin­dung in der Gesellschaft. 29 Dies bestätigt, wie ernst Dr. Morris seinen Beruf nahm und scheint gleichzeitg auf eine ebenso ernste Einstellung in bezug auf die Religion hinzuweisen. Gerade den Materialismus lehnt er entschieden ab:Wir sind nicht in Gefahr, zuviel zu wissen. Nur ein kleiner Mensch mit Halbwissen weiß nicht, daß in jeder Art des Wissens, daß überall um uns herum undurchdringliche Dunkelheit herrscht, die der menschliche Geist erhellen kann. 30 Materialistische Ansichten sind eben das, meint Morris später in seinem Buch, was den Zustand der

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