Heft 
(1969) 8
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einige aus der Zeit vor 1893. Auf jeden Fall sind alle Briefe von James Morris an Fontane verschollen.

Am 12. April 1898 starb Frau Morris im Alter von 56 Jahren an einem Blinddarmdurchbruch, und zwei Jahre später, einige Tage vor Weihnach­ten, erkrankte Dr. Morris sehr schwer an einer Magenschleimhautentzün­dung 41 , die am dritten Tage (22. Dezember 1900) zu einem tödlichen Herz­infarkt führte.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Wir haben versucht, nicht nur eine Sammlung biographischer Angaben über den englischen Arzt James Morris zu geben, sondern auch seine Interessen an und seine Beschäfti­gung mit der Sozialreform besonders zum Ausdruck zu bringen. Im ganzen haben wir in ihm einen geistreichen Mann erkannt, der wohl fähig war, Fontane geistvolle und anregende Gesellschaft zu leisten.

Nun wollen wir zu einer Beschreibung dieser Gesellschaft während Fon­tanes drittem und letztem Aufenthalt in England übergehen.

Fontane war von der Zentralstelle für Presseangelegenheiten unter dem Vorstand von Dr. Ludwig Metzei (18151895) beauftragt worden, eine deutsch-englische Korrespondenz zu gründen, mit der weiteren Aufgabe, den deutschen Zeitungen Berichte zu erstatten. Es war eine Zeit, während der die politische und dichterische Einstellung Fontanes immer noch unter der Enttäuschung über den Ausgang der Revolution von 1848 litt.

Am 8. September 1855 kam Fontane in London an, um seinen dritten Auf­enthalt in England zu beginnen. Zwei Tage später so notiert er in seinem Tagebuch meldet er sich schriftlich bei Dr. Morris an und be­sucht ihn am nächsten Tage abends. Fontane legt Morrisallerhand Fra­gen in betreff der ,Korrespondenz 1 vor, erhielt aber leider nur sehr unge­nügende Auskunft 42 . Im Brief vom 4. Oktober an Emilie beklagt sich Fontane nochmals über die Unfähigkeit von Morris, ihm in dieser An­gelegenheit behilflich zu sein:Indem James Morris von Presseangelegen­heiten nichts wußte und wenig Neigung zeigte, mit Aufopferung eines Vormittags sich die erforderliche Kenntnis anzuschaffen. 43 Ferner meint er, Morris nütze ihn ausund setzt mir nicht einmal eine Tasse Tee vor; trotzdem muß ich froh sein, ihn zu haben, denn er ist freundlich und sehr gebildet. 44 In seinem Tagebuch notierte Fontane am 18. Oktober 1855: Zu James Morris; am Kamin politisiert; auch die gescheitesten Eng­länder (wenn sie nicht Politiker vom Fach sind und einer bestimmten Partei angehören) sind nichts weiter als die hunderttausend Echos der Times. 45 Sicherlich kann diese Bemerkung nicht als Kritik der Sozial­reform von Morris verstanden werden. Erstens haben wir keinen Grund zu glauben, Morris sei Reaktionär gewesen, zweitens hatThe Times nicht negativ auf die Sozialreformbestrebung reagiert und drittens was später ausführlich zu behandeln sein wird war Fontane zu der Zeit der

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