Heft 
(1969) 8
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ihrer Meinungsverschiedenheiten immer wieder Dickens und dessen Ge- sellschaftskritk, die Fontane beanstandete, oder ein ähnliches Thema waren. Diese lebhafte Debatte über Dickens ein Thema, über das Fon­tane sich in den derzeitigen Schriften so eindeutig äußerte scheint uns also symptomatisch für den Ton und Inhalt der vielen Gespräche zwischen Fontane und Morris gewesen zu sein.

Später aber scheint sich eine gewaltige Umkehrung bei Fontane vollzogen zu haben: der Dichter, der damals gegenüber Morris Gesellschaftskritik in Romanen abgelehnt hat, wird selbst zum größten Gesellschaftskritiker, zum Dichter, der sich immer wieder mit dem Problem der Unmenschlich­keit in der Gesellschaft in seinen Berliner Gesellschaftsromanen ausein­andersetzt. Sicherlich können und wollen wir nicht daraus schließen, daß diese für die Fontanesche Dichtung sehr wichtige Entwicklung nur der Freundschaft mit James Morris allein zu verdanken ist, aber wir müssen doch angeben, daß Morris symptomatisch war für die verschiedenen Faktoren, die Fontane beeinflußt haben, beeinflußt nicht nur im mensch­lichen, sondern auch im geistigen und dadurch im dichterischen Sinne.

Als Fontane England zum letzten Mal am 12. Januar 1859 verließ, scheint die Freundschaft mit James Morris endgültig unterbrochen zu sein. In den Briefen Fontanes findet man Morris kaum noch erwähnt, bis auf eine Stelle im Brief an Emilie vom 28. Mai 1870, als diese in London bei der Familie Merrington wohnte. 72 Fontane fragt:Hast Du Dr. Morris Adresse erkundschaftet? Allein die Tatsache, daß Fontane die Anschrift seines alten Freundes nicht kannte, deutet auf eine vorläufige Unterbrechung dieser Freundschaft hin. Erst über zweiundzwanzig Jahre später, diesmal in einem Brief an Friedlaender vom 1. März 1893, erwähnt Fontane den englischen Arzt wieder:

Daß Sie mit Captain White immer noch korrespondieren, freut mich sehr: ich halte sehr viel von solchen durch einen glücklichen Zufall angeknüpften Beziehungen. Ich unterhalte eine Korrespondenz mit mei­nem alten Freunde Dr. med. Morris in London, die darin besteht, daß er mir illustrierte Londoner Zeitungen der mannigfachsten Art schickt, auf welche Zusendungen ich alle 6 Wochen in einem kleinen Dankesbriefe antworte. Wir haben beide doch was davon; ich amüsiere mich über die Blätter und Bilder und bleibe in Zusammenhang mit dem englischen Leben, er amüsiert sich über die mal lobende mal tadelnde Kritik, die ich übe.

Was der glückliche Zufall für die nochmals angeknüpften Beziehungen zwischen Morris und Fontane war, wissen wir nicht. Wir wissen ledig­lich, wie bereits erläutert, daß Morris im Jahre 1888 in Pension geht, was wahrscheinlich Anregung genug war, sich nochmals seinen literari­schen Interessen zu widmen. Uber Fontane wissen wir, daß die Lektüre