Fontane" im Bericht über die Kunstausstellung der Berliner Akademie für ihn eingetreten sei 24 , was auch später noch, z. B. im September 1874, im Mai 1878 und im November 1881 der Fall sein sollte. Im Januar und April 1873 und im Juni und November 1874 schrieb Pietsch erste Kritiken über des Freundes „Wanderungen" 25 , „Gedichte" und über die beiden erschienenen Halbbände „Der Krieg gegen Frankreich", 1878 und 1880 über dessen Roman „Vor dem Sturm". Umgekehrt verfaßte Fontane im Mai 1875 eine Besprechung von „L. Pietschs Handzeichnungen im Lokal des Berliner Künstlervereins" 2 ®, im Juli 1879 über Pietschs „Olympia'-Buch und Anfang 1881 eine Pietsch-Biographie. In diesem Jahrzehnt standen sich nicht wie später der bekannte Dichter und sein Rezensent gegenüber, sondern der hochbezahlte, in seiner Position gefestigte Kunst-, Reise- und Gesellschaftsberichterstatter der „Vossischen Zeitung" und ihr nach Gubitz' Tod neuengagierter Theaterrezensent. Als langjährige hauptberufliche Journalisten waren sie an ein und derselben Zeitung um des Broterwerbs willen tätige Kollegen. Pietschs Besprechungen seiner Bücher vergalt Fontane in diesem Jahrzehnt mit gleichem Einsatz; seine in den Briefen enthaltenen kleinen Bitten sprechen die kollegiale Gefälligkeit des Partners an, der im Berliner Pressewesen mehr zu Hause war als er selbst. Pietschs Übergewicht in der beruflichen Sphäre führte z. B. zu der heute absurd anmutenden Rechtfertigung und indirekten Zurücknahme des eigenen, durchaus richtigen Urteils über den Maler Alma-Tadema vor dem geschulteren Fachmann (vgl. Brief 6). In ähnlicher Weise „verwirrt" entschuldigte er sich in Brief 5 für die nicht kenntlich gemachte Benutzung charakteristischer Stellen aus Pietschs Kriegsbuch 27 , die nicht zuletzt wegen ihres Mitgefühls und der um Gerechtigkeit bemühten Unvoreingenommenheit des „zeichnerischen und journalistischen Schlachtenbummlers" dem Feinde gegenüber seinen eigenen Intentionen entsprochen hatten. (Nicht ohne Grund hob Pietsch umgekehrt in seiner Besprechung von Fontanes „Krieg gegen Frankreich" des Verfassers „unbeeinflußten, lauteren Gerechtigkeitssinn, seine freie, ruhige Objektivität" als „erste Pflicht des Geschichtsschreibers' hervor.) Fontanes Anerkennung von Pietschs Überlegenheit auf journalistischem Gebiet, war vorbehaltlos und ohne den leisesten Wunsch, ihm den Rang abzulaufen. Im sicheren Bewußtsein, daß nicht hier seine eigentlichste „force" lag, konnte er, vom Redakteur Kletke im Oktober 1874 aufgefordert, gleich Pietsch aus Italien zu berichten, dem andern neidlos zugestehen; „Ich werde in keine Konkurrenz mit Pietsch eintreten, weil ich einfach nicht kann. Daß Pietsch es konnte, hängt mit seiner größeren Frische und größeren journalistischen Gewandtheit zusammen. Er kann eben mehr als andre. Es mag noch hinzukommen, daß ich um fünf Jahre älter bin als er, was in manchen Lebensepochen sehr wenig, in anderen sehr viel ausmacht.' 28
Vier Jahre später tauchte in Fontanes Äußerungen eine erste Kritik an L. P.'s mitunter ausschweifender Breite auf, die er mangelnder Zucht im privaten Leben wie auch im geistigen Bereich zuschrieb. So heißt es z. B. in seinem Brief vom 4. Juni 1878 an Frau Emilie, der er die eigenen in Vertretung Pietschs verfaßten Kunstausstellungsberichte zum Vergleich zusandte: „Diese Theaterwirtschaft muß doch endlich ein Ende nehmen; von Sonnabend bis Sonnabend viermal, und die beiden langen Bilderbesprechungen, das ist zuviel. Da muß
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