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Berlin, 18. Oktober 1879
Teuerster Pietsch!
Ich bin sehr erkältet und werde mich morgen mit Emser Krähnchen in eine Ofenecke zurückziehen. So wollen Sie mein Ausbleiben gütigst entschuldigen.
Wie immer Ihr Th. Fontane
Erstdruck nach der Schreibmaschinenabschrift im Fontane-Archiv Potsdam.
13 Berlin, 20. April 1880
Teuerster Pietsch!
Eben verläßt mich ein jüngerer Herr von Jagow, der bei den Gardeulanen stand drei Jahre Kriegsakademiker und zuletzt zwei Jahre militärisch atta- chiert in Paris war und nunmehr gewillt ist, in die bekannten böhmischen Wälder zu gehn, mit andern Worten Schriftsteller zu werden. 1 Er hat über französische Stücke und Romane geschrieben, über Augier, Zola, Sarcey 2 , die er auch persönlich kennengelernt hat, und will sich jetzt selbst ä la Putlitz, Moser 3 etc. als Lustspieldichter etablieren. Journalistische Tätigkeit soll aber vorläufige' 1 Sicherheit der Existenz schaffen und ich hab es ihm als eine Möglichkeit geschildert, da5 Sie ihn bei der Schlesischen empfehlen, beziehungsweise einführen würden. Erwäg ich den Eindruck, den ich von dem jungen Manne gehabt habe (31 Jahre alt), seinen Bildungsgang: Kriegsakademie und Paris und schließlich den Umstand, daß einige seiner Aufsätze im „Magazin für die Literatur des Auslandes“ gedruckt wurden 5 , so glaub ich, daß solche Empfehlung unriskant ist. Alles andere werden Sie aus dem Munde des liebenswürdigen jungen Mannes hören; er will sich Ihnen morgen (Mittwoch) zwischen 11 und 12 vorstellen. Ihnen Gruß und Empfehlung an die verehrten Damen.
Wie immer Ihr Th. Fontane
Erstdruck nach dem Original im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar. Kommentar
1 Eugen Alfred von Jagow (1849-1905) entstammte der Linie Aulosen des märkischen Uradelsgeschlechtes Jagow, das Fontane in seinen „Wanderungen" beschrieben hat. Er wuchs bei seiner Mutter auf, die vom Vater Wilhelm von Jagow getrennt in Halle, Berlin und Hanau lebte, wurde 1870 Soldat und machte den Krieg gegen Frankrech im 3. Gardeulanenregiment mit. 1877/78 wurde er zur Kriegsakademie kommandiert, trat bald zur Reserve über und nahm seinen Abschied.
Seit 1380 lebte er als Korrespondent verschiedener deutscher Zeitungen, vor allem der „Kreuzzeitung" und der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“, ständig in Paris, mit Ausnahme der Jahre 1898 bis 1901, in denen er wegen seiner Zeitungstätigkeit aus der französischen Hauptstadt ausgewiesen wurde. Jagow schilderte im Roman „Die Dulderin" (1887) die Lebensgeschichte seiner Mutter, schrieb „Korsische Novellen" (1891), vor allem aber
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