Heft 
(1969) 9
Seite
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Teuerster Pietsch!

Berlin, 6. Oktober 1880

Eben erst (Mittwoch früh) legt mir meine Frau Ihren Bericht über das Sonn­abendfest 1 vor. Brillant.

Beneidenswertes Talent! - Es ist nichts komischer, wie wenn es mitunter heißt:Was früher Rellstab 2 war, ist jetzt Pietsch". Differenz ist noch viel größer als die Vossin von damals und von heut. Es ist die Differenz von Moe- wes Blumengarten 3 und der Konzerthalle des Zentralhotels.

Ihr alter Talentverehrer Th. Fontane

Gedruckt nach der Schreibmaschinenabschrift im Fontane-Archiv Potsdam (vgl. Briefe Theodor Fontane. Zweite Sammlung, a. a. O., 2. Band, S. 22).

Kommentar

1 BeimEröffnungsfest im Wintergarten des Zentralhotels" (VZ Nr. 277 vom 5. Oktober 1880, 2. Beilage) waren Sehen und Gesehenwerden wichtiger ge­wesen als das gebotene Konzert. Pietschs Bericht hierüber hatte sich durch Farbenreichtum und durch ein amüsantes Defilee des versammeltentout Berlin" ausgezeichnet.

2 Ludwig Rellstab (1799-1860) war seit 1826 Redakteur, Literatur- und vor allem Musikkritiker an der VZ.

3 So nannte sich in den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhun­derts ein Lokal in der Potsdamer Straße.

16 Wernigerode, 4. August 1881

Teuerster Pietsch!

Indem ich Sie bitte, dem jungen Paar 1 unsere herzlichsten Glückwünsche aus­zusprechen, Ihnen und Ihrer lieben Frau die Versicherung unserer aufrichtigen Mitfreude.

Wie immer Ihr Th. Fontane

Erstdruck nach der Schreibmaschinenabschrift im Fontane-Archiv Potsdam. Kommentar

1 Marie Pietsch heiratete den Maler Rudolf von Voigtländer und zog mit ihm nach Brüssel.

17 Berlin, 14. September 1883

Teuerster Pietsch!

Vielen Dank für Ihre schöne Arbeit über Turgenjew. 1 Wie selten, daß über einen Künstler oder Dichter so aus der Fülle des Erlebnisses, der Kenntnis und des Verständnisses geschrieben wird.

Wie immer Ihr Th. Fontane

Wundervoll ist das Urteil über Zola 2 , mit dem ich mich in diesem Sommer monatelang beschäftigt habe 3 . Genie, aber ohne Mark und ohne Geschmack.

Erstdruck nach der Schreibmaschinenabschrift im Fontane-Archiv Potsdam.

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