Zu Fontanes Jenseit des Tweed; ein unveröffentlichter Brief Theodor Fontanes an Hermann Costenoble
Herausgegeben und kommentiert
von Lieselotte E. Kurth-Voigt (Baltimore)
In der Hansdchriftensammlung der Milton S. Eisenhower Bibliothek der Johns Hopkins University, Baltimore, Maryland (USA) befindet sich unter den zahlreichen Briefen deutscher Dichter und Schriftsteller an den Leipziger Verleger Hermann Costenoble 1 auch das folgende Schreiben Theodor Fontanes 2 :
Berlin d. 30.‘ Januar 1860.
Sehr geehrter Herr.
Darf ich bei Ihnen anfragen, ob Sie geneigt sein würden den Verlag eines Skizen- und Reisebuchs zu übernehmen; das ich unter dem Titel: „Jenseit des Tweed; Briefe und Bilder aus Schottland“ herausgeben möchte? Das Buch besteht aus 3 Abtheilungen: Edinburg und der Süden: das Macbeth- Land und der Norden; das Land Ossians (Morven, Staffa, Jona etc) und der Westen und würde etwa 20 bis 25 Bogen stark werden. Die Mehrzahl der Aufsätze ist im „Morgenblatt“ 3 so wie in den Beiblättern der Vos- sischen' 5 und N. Preußischen Ztng 5 bereits veröffentlicht worden, in Rücksicht dessen ich meine Honorarforderung auf 150 rth Gold festgesetzt habe. Sollten Sie geneigt sein meine Proposition wenigstens näher in Erwägung zu ziehn, so würd‘ ich auf Ihren Wunsch jeden Augenblick bereit sein, das M. S. in Ihre Hände gelangen zu lassen.
Hochachtungsvollst Ihr ganz ergebenster Th. Fontane Tempelhofer Straße 51
[von fremder Hand:]
2/II 60 Abgelehnt 3
Dieser Brief ist ein Teil der Korrespondenz, in der Fontane sich um die Veröffentlichung des Buches bemühte, das die seit Januar 1859 in den genannten Zeitschriften erschienenen Einzelberichte über seine Reise nach Schottland (1858) erfaßte. Am 28. November 1859, noch ehe der letzte Artikel 7 erschienen war, schrieb Fontane zwei Briefe, in denen er die Empfänger bat, ihm bei der Gewinnung eines Verlegers dieser Gesamtausgabe behilflich zu sein. Einer der Briefe war an Wilhelm Wolfsohn gerichtet, 8 dem Fontane über den Abschluß des Werkes berichtet: „Mein schottisches Reisebuch ist beendet, ich bin schwach genug es für gut und interessant zu halten und möchte es nun herausgeben. Die einzelnen Aufsätze und Schilderungen sind, beinah ausnahmslos, bereits gedruckt worden... Mit Rücksicht darauf verlang 1 ich nur 150 Thlr. Honorar. Kennst Du einen ehrenwerthen Mann, der anbeißen möchte, so laß es mich je eher je lieber wissen.“ Die nachträgliche Bemerkung, daß eins seiner Bücher über England bei Ebner in Stuttgart erscheinen werde, 9 sollte zweifellos beweisen, daß diese Art Schilderungen nicht ohne Verdienst waren.
Am gleichen Tag schrieb Fontane an Paul Heyse 10 und legte dem Brief einen „Einlagezettel“ bei, auf dem er die Sammlung der Reiseberichte
666