Costenoble hingegen, dessen Name und Antwort Fontane in seinem Brief an Hertz nicht erwähnt, lehnte das Angebot ab. Da der Antwortbrief Costenobles nicht überliefert ist, lassen sich über den Grund der Absage nur Vermutungen anstellen. Seit 1851 alleiniger Inhaber der mit Gustav Remmelmann in Leipzig gegründeten Firma, mußte der junge Verleger in diesen frühen Jahren des Unternehmens darauf bedacht sein, erfolgversprechende Autoren anzuziehen. Diese Voraussetzung schien Fontane nicht zu erfüllen, obwohl sein Buch über Schottland sehr gut in das Programm des Verlages gepaßt hätte, da Costenoble alljährlich etliche Bände vergleichbarer Reiseliteratur veröffentlichte.
Auf lange Sicht hin — das konnte Costenoble damals natürlich noch nicht wissen — wäre eine Verbindung mit Fontane sicherlich von größerem Gewinn gewesen als die Zusammenarbeit mit anderen, heute mit sehr wenigen Ausnahmen vergessenen Schriftstellern. Von den fünfzig Autoren, deren Werke in der Zeit von 1851 bis 1860 bei Costenoble erschienen, sind heute lediglich drei noch bekannt (Brachvogel, Gerstäcker und Gutzkow), und das zum Teil auch nur bei Literaturhistorikern. 19 Zu eben der Zeit, als Fontane seine Anfrage stellte, übernahm Costenoble die Werke von neun anderen Scht-iftstellem, die er in den Jahren von 1860 bis 1862 veröffentlichte, darunter die Reisebeschreibungen von Berlepsch, Bickmore, Andree und von Bibra, pseudo-wissenschaftliche Sachliteratur von Eberty und Klencke, Möllhausens Berichte und Romane über Amerika, sowie Werke von Alexander von Stemberg und Luise Emesti (d. i. Malvina von Humbracht). 20 Von diesen hat keiner auch nur annähernd, nicht einmal vorübergehend, Fontanes Ruf und Ruhm erreicht. Auch in späteren Jahren ist es Costenoble nicht gelungen, Autoren von zukünftiger Berühmtheit anzuziehen. Das dürfte einerseits einen Mangel an Weitsicht und an Gefühl für echte literarische Qualität bezeugen, andererseits beweist die Korrespondenz des Verlegers mit einigen der bekannteren Schriftstellern, die z. T. ihre Alterswerke bei ihm unterbrachten (so etwas Bodenstedt, Gerstäcker und Gutzkow 21 ), daß ihm Großzügigkeit, oder die Mittel dazu, und jegliche Bereitwilligkeit zum Risiko abgingen.
Als Jenseit des Tweed Anfang des Sommers 1860 erschien, fand das Buch ein größeres Echo als sich Autor und Verleger erhofft hatten. Zahlreiche Blätter und Zeitungen nahmen Notiz von der Neuerscheinung, und Die Grenzboten sowie das Deutsche Museum brachten günstige Rezensionen, wie Springer das im August in einem Brief an Fontane berichtet. 22
Die Grenzboten 23 beginnen ihre relativ knappe Besprechung mit der Zusammenfassung des Inhalts und bewerten danach die künstlerische Gestaltung des Gebotenen: „Seine Schilderungen sind anschaulich und lebendig. Von Werth ist, daß er vorzügliche Aufmerksamkeit den Orten zuwendet, welche durch Shakespeares and Sir Walters Dichtungen bekannt wurden. Uebrigens hat er auch ein gutes Auge für die Menschen, und manches namentlich, was er uns von den Straßen Edinburgs, von den Gassenpredigern, den Spukhäsern der alten Puritanerstadt mittheilt, liest sich mit nicht gewöhnlichem Interesse.“