Heft 
(1981) 32
Seite
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auf den AbschnittDer Tunnel über der Spree, aus dem Berliner litera­rischen Leben der vierziger und fünfziger Jahre. Das siebente Kapitel dieses Abschnittes trägt die Überschrift: George Hesekiel und schildert eben diesen Mann liebevoll und kritisch zugleich, in der DTV-Ausgabe von 1973 immerhin auf den Seiten 247 bis 274. Aus langen Jahren gemein­samer Arbeit in der Redaktion derKreuzzeitung sowie aus dem gesel­ligen Leben der Tunnel-Bruderschaft konnte Fontane ein so genaues Bild zeichnen.

Was über die familiären Verhältnisse und über die Herkunft der Familie Hesekiel von Fontane zu erfahren ist, bedarf allerdings der Berichtigung. Zutreffend erwähnt Fontane Hesekiels Vater, den Konsistorialrat Friedrich Hesekiel, nur ist der nicht alt geworden wie es dort heißt, sondern schon mit 47 Jahren inzwischen Generalsuperintendent in Altenburg im Jahre 1840 verstorben.

Was nun die Herkunft der Familie angeht, so läßt Fontane sie aus böh­mischem Adelsgeschlecht abstammen, nach Deutschland verschlagen als Glaubensvertriebene im Dreißigjährigen Kriege. Hier sei dann der biblische Prophetenname angenommen worden.

Das klingt durchaus wahrscheinlich, und ich entsinne mich gut, wie stolz ich war, als mir ein Deutschlehrer im Bromberger Gymnasium diese Ab­stammung eröffnete, eben mit Berufung auf Fontane. Warum sollte man das in Zweifel ziehen?

In unserer Familie ging übrigens eine ähnliche Version um, bei der aller­dings die Glaubensvertriebenen aus Ungarn stammen sollten und den Namen Huniady geführt haben. Offenbar ist dies die von George Hesekiel bevorzugte Fassung, denn ich besitze zwei Aufzeichnungen von ihm, die fast gleichlautend diese Herkunft angeben. Es wird wohl mit Sicherheit anzunehmen sein, daß Fontane diese Abstammungslegende von seinem Freund Hesekiel selbst mitbekommen hat.

Daß es sich um eine Legende handelt, wußte ich erst dann mit Bestimmt­heit, als ich das handschriftliche Familienbuch der Hesekiels erhielt. Es ist von George Hesekiels Vater eigenhändig angelegt und berichtet wörtlich: Mein Geschlecht ist nicht alt; mein Großvater George Christoph Hesekiel, vorher Zieme, geboren 1732 zu Saatzke im Havellande, wo sein Vater Landmann war, erhielt diesen Namen von dem Besitzer des Ortes, einem Nachkommen Ottos von Guericke, in dessen Dienste er mit sechzehn Jahren trat, der ihn aber dem seiner Erziehung anvertrauten Erbprinzen von Anhalt-Dessau, Leopold Friedrich Franz, späterhin überließ.

Demnach ist weder mit einer böhmischen, noch mit einer ungarischen Adetlsfamalie zu rechnen, und die Übernahme des Namens Hesekiel ist erst im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erfolgt.

Dann ist aber auch nicht zutreffend, wenn Fontane meinte, die Hesekiels, also die Vorfahren seines Freundes George H., seien durch zwei Jahr­hunderte hin immer Geistliche gewesen. In Wirklichkeit trifft das nur für Georges Vater Friedrich - zu und dessen Vater, der Johann Christoph H. hieß und Pfarrer in Schleesen bei Wittenberg gewesen ist, sowie in Rehsen.

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