der mich der Nachwelt überliefern will, so geben ihm die Vorreden zu meinen verschiedenen Büchern, zum Teil die Bücher selbst ... das beste Material an die Hand.“ 14
Wer sich derart dezidiert äußert, dürfte kaum mit dem Gedanken an eine selbstbiographische Arbeit auch nur gespielt haben. Kein Vierteljahr später jedoch, freilich nach dem siebzigsten Geburtstag, vertraute Fontane einem der Gratulanten in seinem Dankschreiben an, daß er „durchaus eine Autobiographie schreiben“ solle, daß ihm „pekuniär“ dafür „sehr günstige Anerbietungen gemacht worden“ seien und daß er sich nun „ganz in Schwanken und Unsicherheit“ befinde. Der Adressat dieses Briefes ist Heinrich Jacobi, Pfarrer in Kriele bei Friesack im Havelland. Was das „Schwanken“ betrifft, so hatte es seine Ursachen darin, daß Fontanes „Hauptarbeit“ seit Mai 1889 ein Buch „über die Bredows, ihre Geschichte und Ihr(en) Besitz“, das heißt über das „anderthalb Quadratmeilen“ große „Ländchen Friesack“ war. Anhand der „märkischen Familien“ wollte er „der Welt und der Geschichtschreibung zeigen, wie man solchen Stoff... zu behandeln hat, gründlich und doch nicht langweilig“. In dem zuletzt zitierten Brief (vom 23. Januar 1890) hält er es noch für „wahrscheinlich“, daß er sich, „aller äußerlich klugen Berechnung zum Trotz“, für die „Bredow-Kapitel“ entscheiden werde. 15 Die Prognose erwies sich als falsch; die Arbeit über das „Ländchen Friesack“, von der Fontane im September 1889 gemeint hatte, an ihr hänge „das bißchen Zukunft“, das er noch habe 1 ' 1 , jst in Ansatz und Entwurf steckengeblieben. Anstelle der Beschreibung märkischer Geschichte entsteht die Erzählung „Die Poggenpuhls“, und ein Jahr später beginnt Fontane mit der Niederschrift der „Kinderjahre“.
Häufig begegnet man der Meinung, Fontane habe die Beschreibung seiner Kindheit auf ärztliches Anraten unternommen; diese Arbeit sei ihm gleichsam als Therapie verordnet worden während der schweren Krankheit, die ihn im März 1892 befallen hatte und von der er sich, nach einem Rückfall im Mai, erst im Herbst des Jahres langsam erholte. Tatsächlich findet sich im Tagebuch eine Bemerkung, wonach er sich' „an diesem Buch wieder gesund geschrieben“ 17 habe - obgleich er, kurz vor der Beendigung der ersten Niederschrift, Anfang Dezember seinem Altersfreund Georg Fried- laender gestand, er habe „wieder ein Gefühl von Kälte und Leere im Kopf“ und „der gute Schlaf“ sei „auch wieder weg“. 18 Mögen Krankheit und Rekonvaleszenz den Anstoß zur Arbeit an dem autobiographischen Roman gegeben haben: die eigentlichen Ursachen für das Reflektieren über sein Leben waren sie nicht.
Am 21. Juni 1891 hatte Fontane (anonym) in der Sonntagsbeilage der „Vossischen Zeitung“ die „Lebenserinnerungen“ des Kunsthistorikers Wilhelm Lübke besprochen, was ihm, wie er den gemeinsamen „Tunnel“- Kollegen Karl Zöllner wissen ließ, „nicht ganz leicht“ geworden war. 19 Er rühmte zweierlei: „Klarheit der Darstellung“ und „Vollständigkeit“. Der Hinweis auf den „zweiten Hauptvorzug“ wird freilich in der Rezension dann einigermaßen relativiert. Fontane knüpft nämlich die folgende metaphorische Betrachtung an das Lob: „Man fährt bei solch autobiographischer Arbeit entweder, wie Lübke es tut, in einem offenen Wagen durch eine