und Männerideal des 3. Reiches geprägt (die Mathilde der Heidemarie Hatheyer wirkt weich und liebevoll, der Hugo Viktor Staals männlich und selbstbewußt), andererseits berühren an diesem Film das Private und Leise. Der Film steht somit zwischen Abkehr von den faschistischen Propagandaparolen, die man in den letzten Monaten des 3. Reiches doch nicht mehr für zeitgemäß hielt, und realistischem Neuansatz vor allem aus der Zeit der DEFA-Anfänge. Es ist bezeichnend, daß in dieser Situation auf den unbedingt wahrhaftigen und zivilen Fontane zurückgegriifen wurde, auch wenn er in der Verfilmung durch Rolf Hansen nicht objektiv erfaßt wurde. In der Verfilmung durch das westdeutsche Fernsehen (1967) sind die Akzente werkgemäßer und richtiger gesetzt. Cornelia Froboes brachte das Streberische und Berechnende im Wesen Mathildes mit ihrer verhaltenen und zugleich präzisen sprachlichen und mimischen Mitteln großartig zum Ausdruck. Der zweite tiefe Eindruck war die mit impressionistischer Technik gespielte „weimernde“ Mutter der Edda Seippel.
Die neuesten Fontane-Verfilmungen in beiden deutschen Staaten zeigen eine überraschende gemeinsame Tendenz: auf dem Bildschirm Verwirklichung größtmöglicher Werktreue, vor allem durch Übernahme des Originalwortes. Dieter Meichsner als Autor korrigiert mit seiner dreiteiligen Einrichtung des „Stechlin“ für den Bildschirm (1975) seine relativ freie Bearbeitung von „Schach von Wuthenow“, Thomas Langhoff polemisiert mit seiner „Stine“-Verfilmung (1979) objektiv gegen Claus Hammels Bearbeitung von „Frau Jenny Treibei“ und auch gegen extensive Passagen in unserem „Schach“-Film. Meichsner und Regisseur Rolf Hädrich inszenierten den „Stechlin“ in „breit angelegten Momentaufnahmen“ 1 '*, also ohne die bei den meisten bisherigen Umsetzungen üblichen dramatischen Verschärfungen. Im Mittelpunkt von Einrichtung und Inszenierung stand Andacht vor den Gesprächen, vor der Causerie. Der Roman wurde auf dem Bildschirm zur gesprochenen Wortdichtung. Voraussetzung dafür war die Mitwirkung großer Schauspieler. Während Arno Aßmann bei der überzeugenden Darstellung der inneren Ausgliederung des alten Stechlin seine gesamte reiche stimmliche und mimische Alterskunst entfalten konnte, wirkte Franziska Bronnen vor allem durch den Nuancenreichtum ihrer Cau- serietöne. Aus der Fülle der deckenden Verkörperungen sei stellvertretend nur noch der Superintendent Koseleger von P. Walter Jacob hervorgehoben. Ein zweiter starker Wirkungsfaktor war neben den stimmigen sprachlich- gestischen Figurenporträts die kulinarische, impressionistische Farbigkeit. Das Publikumsecho war stark. Man hatte den Eindruck einer objektiven, werkgemäßen Literaturverfllmung. Die Kritik reagierte zurückhaltender. Walter Jens meinte in der Hamburger „Zeit“, man sei „in Ehren gescheitert“. Die „Süddeutsche Zeitung“ sprach von „Lesestück“ und „Stechlin- Bilderbuch“. Die „Neue Züricher Zeitung“ überschrieb ihre Rezension: „Viel Respekt, etwas Nostalgie und ein bißchen Schulmeisterei“. Dazu kommen erbefeindliche Kritiker, die ihrerseits Proteste der Leser herausforderten. Obgleich der „revolutionäre Diskurs“ zwischen Lorenzen und Melusine gebührend berücksichtigt ist und sogar noch progressive Briefstellen des alten Fontane dem unsichtbaren Erzähler (Wilhelm Bordiert,
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