durchgebildeten literarischen Grundlage und darüber hinaus auf der noch weiter sublimierten Causerie.
Die angemessensten Verkörperungen gelangen also dem Kinofilm, der aus der Nähe zum Theater erwuchs („Der Schritt vom Wege“), und dem Fernsehen. Dies liegt einmal an der nicht milieulastigen dialogisierten und aristotelisierten gesellschaftlichen Totalität der Epik Fontanes 17 , zum anderen an den Möglichkeiten des Bühnendarstellers, vor der nahe gerückten Kamera Fontanes Dialog stimmlich und mimisch verhalten und nuancenreich in Szene zu setzen. Fontane bedarf nicht des reinen Filmschauspielers, sondern des Bühnendarstellers, der im Ensemble, im Kammerspiel und in der Sprechkunst wurzelt und der Fontanes Originalwort so natürlich wie möglich zu vermitteln vermag. Freiere Bearbeitungen begrenzen sich im wesentlichen durch die Unmöglichkeit, Fontanes unmerklich stilisierte Sprache, ohne die eben Fontane undenkbar ist, schriftstellerisch weiter zu vernatürlichen, weil sie auf literarisch-stilisierter Ebene bereits ein Maximum an Natürlichkeit, an höherer, künstlerischer Naturhaftigkeit verkörpert. Bei Entflechtungs- und Auflösungsversuchen drohen sofort die Gefahren des Banalen, Unrhythmischen, Hölzernen, der Zerstörung des Tonfalles. Fontane bedarf, wenn seine Gestalten verkörpert werden, des subtilen Dialogregisseurs und des kultivierten Darstellers, die sich noch den Traditionen Otto Brahms, K. S. Stanislawskis und Max Reinhardts verbunden fühlen. Dabei können natürlich Regisseure und Darsteller aus späterer Zeit als Mittler wirken . 18
Literaturangaben und Anmerkungen
1 Deutsche Filmkunst, 6/1957.
2 A. Zweig: Über die Formen. In: Sinn und Form 3/1961, S. 491.
3 Kunst und Literatur, 3/1962, S. 280.
4 Th. Fontane: Schriften zur Literatur, herausgegeb. von H.-H. Reuter, Berlin 1960, S. 80 (= SzL).
5 SzL, S. 109.
6 Friedrich Spielhagen in seinem Essay über „Die Wahlverwandtschaften“ und „Effi Briest“. In: „Beiträge zur Theorie und Technik der Epik und Dramatik“, Leipzig 1898.
7 Curt Riess: Gustaf Gründgens. Eine Biographie. Hamburg 1965, S. 173 f.
8 Gustaf Gründgens: Wirklichkeit des Theaters, Frankfurt/M., edition suhrkamp 1963, S. 161 f.
9 Die Verfilmung von „Efti Briest“ durch Horst Budjuhn und Rolf Jugert ist nach Ansicht von Ernst Heinkel in dessen Dissertation „Epische Literatur im Film. Eine Untersuchung im Hinblick auf die doppelte Filmfassung von Theodor Fontanes ,Effi Briest'“, München 1958, ein konventioneller, durchschnittlicher Film. Die „vollendete Mediokrität“ und „perfektionierte Glätte“ von „Rosen im Herbst“ offenbart sich für Heinkel sehr deutlich in den austauschbaren, klischeehaften Elementen. „Wehende Stores, am Fußboden schleifende Plüschvorhänge“ (S. 33) dienen als filmische Mittel zur Verdeutlichung von Effis Angst. „Es ist am Ende . . . völlig gleichgültig, ob es sich um die Ehe der Anna Karenina, der Madame Bovary oder Effi Innstettens handelt. Die Konzeption der einen ist aus den Details der anderen evozierbar. Die Details selbst sind klischiert und fungibel.“ (S. 131). „Rosen im Herbst“ ist also wahrscheinlich kaum als Protest gegen Remilitarisierung und Restauration in der Bundesrepublik Deutschland Mitte der 50er Jahre anzusehen. - Der Arbeit Heinkels sind (auf S. 56) die zitierten Versionen der Schlußworte Effis entnommen. „Rosen im Herbst“ wirkt (1981) noch schwächer als die Dissertation Heinkels vermuten läßt. Es ist, in vollem Gegensatz zum Gründgens-Film, ein Film ohne Stilwillen, ohne Stilgefühl. Die Ursachen
726