Heft 
(1981) 32
Seite
738
Einzelbild herunterladen

tischen Literatur, die von 1842 bis 1871 reichen. Auch einige von Fontanes Gedichten und Balladen, die englisch-schottische Themen behandeln, auch solche in Übertragung und Bearbeitung werden gebracht. Den Schluß bildet der Rückblick auf England aus den autobiographischen Schriften der letzten Lebensjahre Fontanes sowie der Briefwechsel mit dem alten englischen Bekannten James Morris.

Es ist ein wohlüberlegter Aufbau, wie wir es nicht anders von dem Her­ausgeber erwarten konnten, aber bedauerlich erscheint mir, da man sich nun einmal an diese große Ausgabe gemacht hat, daß von den Kunstrepor­tagen nur der Sechste Brief über die englischen Porträtmaler aufgenommen ist und keiner der anderen so viel wichtigeren Arbeiten, in denen die eigentlich viktorianischen Maler, die jetzt wieder bei zunehmendem Inter­esse am Viktorianischen Zeitalter an Wertschätzung gewonnen haben, behandelt werden. Vor allem fehlt der wichtige Zehnte Brief über die Präraffaeliten. Eine neuere Arbeit (P. K. Schuster, Th. F., Effi Briest, Ein Leben nach christlichen Bildern, Berlin 1974) arbeitet die Bedeutung jener Viktorianischen Maler für Fontanes Werk deutlich heraus. Auch Reuter hat an anderen Stellen über den Niederschlag von Fontanes Kunstkennt­nissen in seinem Romanwerk hingewiesen. Vor allem aber gehören diese Berichte zum Bild des Viktorianischen Zeitalters, das uns Fontane vorstellt. Auch fehlen zu meinem Bedauern die Aufsätze über die englische Presse, sie sind ein sehr wesentlicher Bestandteil von Fontanes Arbeiten über England; sein größtes Lernmaterial in jenen Jahren war schließlich die englische Presse. Zumindest hätte das Neunte Kapitel über die Times nicht fehlen dürfen. Es ist ein äußerst wichtiges Kapitel, in dem ein Höhepunkt in der Geschichte der Times festgehalten wird, die gerade jetzt wieder in unserem neuen technologischen Zeitalter große Krisen und Wandlungen durchmacht, weswegen das Kapitel heute von besonderem Interesse ist. So sehe ich es jedenfalls, die ich in diesem Lande lebe und Fontanes Arbeiten über England aus der letzten Jahrhundertmitte immer wieder mit Vergnügen lese. Es war wohl eine Frage des Umfangs, weswegen leider das eine oder andere in dieser populärwissenschaftlichen Ausgabe unter den Tisch fallen mußte.

In einer vorzüglichen Einleitung behandelt der Herausgeber die Bedeutung Englands für die Entwicklung Fontanes und für sein Werk. Er skizziert die verschiedenen Etappen seines England-Erlebnisses mit all seiner Kom­plexität. Daß sich das England-Bild Fontanes im Laufe der Jahre gewandelt hat, liegt aber nicht nur an Fontane, sondern daran, daß vom frühviktoria­nischen England, das Fontane Anfang der vierziger Jahre schon durch Zeitungs- und Zeitungsberichte kennenlernte und das durch die Notstände vor allem der ärmeren Klassen den Blick auf sich lenkte, über die Jahr­hundertmitte und den wirtschaftlichen Aufstieg und Materialismus (Das Goldene Kalb) bis zu der folgenden imperialistischen Entwicklung mit den Asien-Kriegen, mit denen sich Fontane in London als Zeitungsbericht­erstatter auseinandersetzen mußte, das Land einen derartig großen Wandel vollzogen hat, daß im Betrachter selbstverständlich auch sehr verschieden­artige Reaktionen hervorgerufen wurden. Das England am Ende des Jahr-

738