gebunden. Im „Stechlin“ gehe es unausgesprochen um die sozialistische Entwicklung in den 90er Jahren. Wenig oder nur paradigmatisch werde der 4. Stand dargestellt; aber indem die „Globsower“ zum Bezugspunkt vieler Gespräche würden, könnten sie für die Arbeiterklasse stehen (S. 251), deren Perspektiven auf anderer Ebene vorwiegend über die moralischhumanistischen Qualitäten ihrer Führer und Ziele vermittelt würden. Der Blick des Dichters gehe weit in die Runde, stelle Alltägliches neben Hochpolitisches, Fiktives neben Reales und verwebe all dies im Gespräch zu einem Bilde von der Auflösung alter Ordnungen und dem Hervortreten einer neuen Welt. Nur selten trete F. so deutlich wie im revolutionären Diskurs hervor, aber immer bleibe das zentrale Symbol des mit der Welt verbundenen Sees im Spiele; zu seiner Symbolik trägt auch Verf. immer neu bei (S. 245, 255). Und noch aus einer abschließenden Betrachtung der Romanschlüsse und ihrer Sprachgebung kann J. den Wert des frühen Romans für die Dichtungsgeschichte aufhellen.
F’s. Vermächtnis arbeite die Erfahrung der Revolution, dreier Kriege und gesamteuropäischer Entwicklungen auf. Revolution und Menschheitsentwicklung (S. 244 f.) bildeten das zentrale Thema, dem sich, am Vorabend neuer Kriege, auch der Jüngere verpflichtet fühlte — dessen Reifezeit im Sinne tiefgreifender neuer Krisen noch bevorstand. Für J. „besteht kein Zweifel, daß der ,Zauberberg‘ dem .Stechlin' vieles verdankt.“ (S. 241) Für die Forschung bleibt dieser Vorschlag ein Angebot, das bis in die Gegenwart verfolgt werden könnte. Größe und Grenzen der Romangestalt bilden bei J. ein ebenso historisches wie ideelles Gefüge, dessen Impulse im Grunde nicht ausschöpfbar sind, so anregend und nötig die immer neue Begegnung mit dem Roman bleibt.
Wirkungen im engeren Sinne untersucht F. Betz in seinem Beitrag zu „Irrungen Wirrungen“. Untertitel: „Eine Analyse der zeitgenössischen Rezeption.“ Nach Betz liegt hier ein ganzes Feld von Untersuchungen brach. Verschollene Quellen erschwerten die Lage zusätzlich.
Verf. schätzt die vorliegenden Arbeiten kritisch ein, verlangt wohl auch vom Kommentar der Aufbau-Ausgabe zuviel, denn eine historisch-kritische Ausgabe, wie sie die DDR und Frankreich zu Heine edieren, steht noch aus. Das Problem von ausgewählten Zeugnissen im Sinne eines Gesamtbildes von zeitgenössischer Wirkung freilich wird konsequent dargestellt (S. 260). Mit Notwendigkeit kommt darin ein vereinfachtes Bild der tatsächlichen Wirkung zustande. Sammlung und Erschließung der Quellen müßten längst kollektiv organisiert sein, wie der Verf. unter Berufung auf Reuter (Weimarer Beiträge 1966/1) fordert. 15 Jahre sind inzwischen vergangen.
Betz, der bereits mit solchen Arbeiten zu „Vor dem Sturm“ und „Der Stechlin“ (Diss. 1973) beigetragen hat, fußt nun auf seiner Dokumentation zu „Irrungen Wirrungen“ (vgl. Reclam 1979).
Man weiß um den Skandal, den der Roman nach seinem Erscheinen in der Vossischen Zeitung (1887) ausgelöst hatte. B. geht dem Bucherfolg von 1888 nach und kann das pauschale Urteil über die Hilfe der „Zwanglosen“ anregend differenzieren. Wir gewinnen dadurch unersetzbare Einsichten
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