Heft 
(1982) 33
Seite
9
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/Flüchtige Aufzeichn. üb. Bücher/ 7

,Die natürliche Tochter. /Notizen aus dem Sommer 1870. Warne­münde/

Es handelt sich um die letzte Seite einer Gruppe von Abschriften Friedrich Fontanes unter dem Gesamttitel

Th. F.s Nachlass:

Flüchtige Aufzeichnungen über Bücher /meist Romane u. Novellen/, die = ich gelesen =

Diese sieben Blätter werden im Fontane-Archiv unter der Sigle Pa 7, Mappe 2, Nr. [9.] aufbewahrt 1 . Die Seiten 1 bis 5 bringen Notizen Fontanes zumSchiller/Goethe-Briefwechsel, Seite 6 zu den Wahlverwandtschaf­ten unter der ÜberschriftNotizen über .Wahlverwandtschaften u. ,Die natürliche Tochter.

Die Seiten 16 wurden 1969 von Hans-Heinrich Reuter publiziert 2 . Reuter merkt dabei an:Notizen Fontanes zur .Natürlichen Tochter sind bisher nicht auf getaucht; Friedrich Fontanes Typoskript enthält keine weiteren Hinweise auf sie. Die Herausgeber von Band XXI/2 der Nymphenburger Fontane-Ausgabe korrigieren Reuters Angabe und weisen auf das Vor­handensein auch der Aufzeichnungen zurNatürlichen Tochter im FAP hin' 1 .

Die Datierung in der Überschrift wird bestätigt durch einen Brief an Karl Zöllner vom 23. Juli 1870 aus Warnemünde, wo sich Fontane seit dem 12. Juli aufhielt:

In diesen Nöthen flieh ich zum alten Göthen und lese die .natürliche Tochter und die .Wahlverwandtschaften; ich bewundre es und finde es tief-langweilig. Als Beobachtung des Lebens und Weisheits-An­sammlung klassisch, aber kalt und farblos. Es muß doch wirklich irgendwo fehlen, wenn ein 50jähriger Mann, der sein Leben an diese Dinge gesetzt hat, dazu den besten Willen mitbringt, und durch Schiller, Scott, ja selbst durch Storm, Heyse, Wilbrandt, in ihren beßren Hervorbringungen vollständig befriedigt werden kann, wenn der die .natürliche Tochter mit den Worten zuklappt: Form klassisch, Inhalt Misere, Grundanschauung weise, aber klein.'*

Fontane benutzte für die Lektüre: Goethe's sämmtliche Werke. Vollständige Ausgabe in sechs Bänden. Zweiter Band. Stuttgart: Cotta 1863. S. 627661. Fontanes Goethe-Ausgabe befindet sich mit Ausnahme des dritten Bandes im FAP. Der Text derNatürlichen Tochter ist am reichsten mit An­streichungen und Marginalien versehen.

Im April 1870 kündigt Fontane seine Stelle bei der Kreuzzeitung und nimmt die Arbeit an dem RomanVor dem Sturm wieder auf, im Juni 1870 wird er als Theaterkritiker für die Vossische Zeitung verpflichtet. Sicherlich veranlassen ihn diese beruflichen Entscheidungen, zwei umfangreiche Bände Goethe mit in die Sommerfrische zu nehmen. Als angehender Theaterkritiker und Romanautor hält es Fontane für erforderlich, sich mit Texten des berühmtesten deutschen Dichters vertraut zu machen, die ihm bisher nicht oder nur flüchtig bekannt waren 11 .