wie in gutem Sinne selbstbewußt. Nun die Geschichte mit dem Betrunkenen. Dann seinen politischen Standpunkt.“*« Von „schieden“ bis „nachdem ich“ ist über die Zeilen geschrieben: „Hier die Auszüge über Bismarck siehe weiter vorn“.
In der Tat folgt auf das Urteil über Richard Wagner ein Gespräch über Bismarck, wie auch in der endgültigen Fassung nach dem zu N. N. Bemerkten die Unterhaltung zu Bismarck übergeht.
Aus dem Notizbuch ist zu ersehen, daß die Uneinigkeit beider den 66er Krieg betraf. Das gestattet den Schluß, daß es Vischers Ansichten zu diesem Punkt waren, die Fontane anfechtbar fand, nicht aber die über Richard Wagner.
Der Unterschied zwischen der Aufzeichnung im Notizbuch und der endgültigen Fassung über Richard Wagner - N. N. zeigt, daß Fontane bei der letzteren eine gewisse Vorsicht hat walten lassen. Ähnlich ist es mit seinen Briefen im Vergleich zu den Werken. In den Briefen, die ja an eine Privatperson und nicht an ein breites Publikum gerichtet waren, macht Fontane „aus seinem Herzen keine Mördergrube“ 87 .
Am 13. Juli 1881 schreibt er aus Wernigerode einen Brief an Karl Zöllner, in dem er diesem über seinen Eindruck von Richard Wagners „Ring der Nibelungen“ berichtet, den er im Hotel „Waldkater am Fuße des Hexentanzplatzes“ sä gelesen hat. „Diese Lokalitäten paßten trefflich zu der Lektüre, denn es ist sehr viel vom Kater und sehr viel von der Hexe drin.“ 88 Es folgen ins einzelne gehende Erläuterungen seiner Stellungnahme: seiner Anerkennung des Mannes „von Geist und poetischer Mit- und Anempfindung“, der geschickten Komposition und der ausgezeichneten Rekapitulationen, der gelegentlich mit großer Meisterschaft behandelten Sprache. „Und doch“ ist Fontane unbefriedigt, weil seiner Ansicht nach Wagner das ins Auge gefaßte Ziel nicht erreicht hat, nämlich folgende zwei Sätze miteinander zu verschmelzen: „Satz 1 ist die alte Evageschichte, sündiges Verlangen und die bekannten Konsequenzen. Satz 2 hat durch Feuerbach einen viel prägnanteren und viel geistreicheren Ausdruck empfangen: ,Ob Gott die Menschen schuf, ist fraglich, daß sich die Menschen ihren Gott geschaffen, ist gewiß 1 .“ 110
Unerquicklich findet Fontane bei Wagner „den totalen Mangel an Witz und Humor“, „Schwulst und Dunkelheit“ und vor allem die Tatsache, daß er sich während des Lesens nicht „in die Äthersphäre der Kunst“ erhoben fühlt: „Von ,Äther“ ist keine Rede, überall zappeln die niedrigsten Triebe, die kommissesten Gemeinheiten, wie sie nur .Götter“ leisten können, um mich herum, allerniedrigste Triebe, die dadurch so widerwärtig wirken, daß man Richard Wagner immer persönlich mitzappeln sieht. Der Sanspareil in dieser Genossenschaft ist immer er, und so wird das objektiv schon Häßliche durch das subjektive Mitengagiertsein des Dichters noch viel, viel häßlicher.“ 81
Daß Fontane gerade an Zöllner so eingehend darüber schreibt, begründet er mit dem Satz: „Ich glaube zu wissen, daß Dich die ganze Frage interessiert, deshalb schreib ich Dir darüber.“ 92 So nimmt es nicht wunder, daß
39