Heft 
(1982) 33
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Reisende Zutritt zur Wartburg, wo alles mit Putzen und Aufbauen beschäf­tigt ist. Am folgenden Tag würdedie Burg für Fremde geschlossen sein, .solange die Festlichkeit stattfindet, die hier obwaltet. m Mag auch diese vorübergehende Schließung einer Örtlichkeit bei einer darin stattflndenden Veranstaltung nichts Erstaunliches oder gar Verwerfliches an sich darstellen, so drücken die Worte, die Fontane wählt, doch das Gefühl des Ausgeschlossenseins aus, das Gefühl, ein Fremder in diesem Milieu zu sein. Anders wäre es gewesen, hätte er zum Beispiel gesagt, daß die Ein­trittskarten für diese Darbietungen schon seit langem ausverkauft gewesen seien.

Die von dem Führer im Zusammenhang mit der Festlichkeit gebrauchte Wendungdie hier obwaltet beeindruckt Fontane besonders stark, denn sie ist durch Schrägdrude hervorgehoben, außerdem nimmt er sie in den folgenden Sätzen noch einmal auf. Er hat das Verbobwalten in seiner ganzen Tragweite vonherrschen,gebieten über empfunden, in seiner ganzen lastenden Schwere.

Wenn auch der Ton in dieser Beschreibung denselben geistsprühenden Humor hat wie in den Briefen aus dem Sommer 1889 aus Bayreuth, so handelt es sich hier wohlgemerkt nicht um einen Brief, sondern um einen für den Druck bestimmten Text. Hier wird nicht in intimem Plauderton erzählt, in demaufgekrempelte Hosen,Geruch von aufgehängter Wäsche,stockduster Vorkommen.' 1 ® Aber von wenigen Wendungen abgesehen, besteht kaum ein Unterschied zwischen dem Reisebericht aus Thüringen und dem Brief vom 19. August 1889 an Zöllner. Auch dieser Brief hätte gedruckt werden können. Die an Wagner geübte Kritik ist eigentlich was? Es ist eigentlich die Beschreibung von Fontanes Allergie der Musik gegenüber, daher der Humor. Er macht sich über sich selbst lustig. Darüber kann wohl kaum jemand beleidigt sein. Es trifft sich aber, daß sich bei ihm diese Allergie gerade dann besonders stark einstellt, wenn es sich um Wagner handelt. Das mag nun herauslesen, wer will. In der SchriftAus Thüringen sagt er es nicht ausdrücklich, und nicht einmal in dem Brief vom 19. August 1889 an Karl Zöllner.

Wo er klar zu und vor allem gegen Wagner Stellung nimmt, das ist in dem Brief von 13. Juli 1881 an Zöllner. Aber in den Wagner und demRing der Nibelungen gewidmeten Abschnitten herrscht kein übermütiger Ton. Hier wird ernsthaft eine Meinung dargelegt und verfochten, mit Wendungen wieAppel,saurer Hering,Quasseleien, Albernheiten, Wagner, den manimmer persönlich mitzappeln sieht. 11 " 1 Weder vom Stil noch vom Inhalt her ist dieser Brief für die Veröffentlichung bestimmt.

Wie ein Parallelismus zwischen dem ReiseberichtAus Thüringen und dem Brief vom 19. August 1889 an Zöllner besteht, besteht ein anderer zwischen dem Brief vom 13. Juli 1881 an Zöllner und einer Romanstelle im fünften Kapitel vonLAdultera. Was Fontane Zöllner auseinander­setzt, das schleudert van der Straaten seinen Gästen entgegen und setzt so Fontane seinen Lesern auseinander.

Van der Straaten wirft den musikliebenden Mitgliedern der um ihn ver­sammelten Dinergesellschaft vor, in Dingen der Kunst Bezauberung wie

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