sie zum Beispiel von Murillos Madonnen ausgeht — für Behexung und an anderer Stelle Behexung für Bezauberung gelten zu lassen. Von seiner Schwägerin gebeten, deutlicher zu werden, tut er dieses, sehr zu Melanies Leidwesen. Es folgt ein Ausfall, der sich zum einen gegen die Melomanen, und zwar, genauer gesagt, gegen die Wagnerianer richtet und zum anderen gegen den Gegenstand ihrer Verehrung, gegen Wagner selbst.
Was wirft van der Straaten den Wagnerianern vor? Das ist zweierlei, nämlich sich nicht nur auf die Höhen der Kunst zu erheben, sondern dies voller Stolz und Scheinheiligkeit zu tun und es außerdem unberechtigterweise zu tun.
Es war van der Straaten als Gestalt und Fontane als Dichter nicht vergönnt, Kurt Tucholsky und seine kleine Betrachtung über „Die Musikalischen 1 ' (1926) zu kennen, von der sie hätten den Eindruck haben können, daß sie ihnen aus der Seele geschrieben ist, zumal der Satz: „Auch ist viel Stolz in ihnen und schöne Gesinnung, weil sie so musikalisch sind, was sie oft mit musisch verwechseln — besonders Frauen hassen das Gemeine, sind unentwegt edel und schweben hörbar eine Handbreit über dem Erdboden. So: ,Ich bin eine Hohepriesterin der Musik, und das will ich mir auch ausgebeten haben. 1 “ 107
In seinem Brief vom 13. Juli 1881 hatte Fontane Zöllner gegenüber bedauert, sich nicht beim Lesen des „Ringes der Nibelungen“ „in die Äthersphäre der Kunst“ erhoben zu fühlen. Das Gefühl des Erhobenseins durch die Kunst ist also das Normale, das Wünschenswerte. Fontane betont das nicht nur in diesem Brief. Aber irritierend ist, wenn sich ein so Erhobener ein besserer Mensch dünkt als die anderen, die sich durch diese Kunst nicht angesprochen fühlen, sondern vielleicht durch eine andere, die der Erhobene aber nicht gelten läßt. Das Erhobensein durch die Kunst darf kein Alibi sein, es darf nicht als Beweis dafür angeführt werden, zu einer besseren Klasse von Menschen zu gehören, zu den reinen, keuschen Seelen, die voller Stolz, voller Geringschätzung auf die anderen herabblicken.
Die im Märkischen Museum zu Berlin liegenden Handschriften zu „L’Adul- tera“ sind in dieser Hinsicht sehr aufschlußreich. Darin ging van der Straaten in seiner Anklage weiter als im endgültigen Text. Fontane hat diese Stelle nicht in einem Zuge geschrieben, wie es manchmal vorkam, wenn ihm das zu Sagende klar vor der Seele stand, wie zum Beispiel ganze Seiten für „Effi Briest“. Er hat mehrmals durchgestrichen, korrigiert, an den Rand, quer hineingeschrieben, daß manches praktisch nicht mehr leserlich ist, zumal das sehr dick Durchgestrichene. Diese Stelle beginnt mit nur geringen Abweichungen. Statt der endgültigen Fassung „Ihr stellt euch stolz und gemütlich auf die Höhen aller Kunst und zieht als reine Casta diva am Himmel entlang, als ob ihr von Ozon und Keuschheit leben wolltet“ hatte Fontane erst geschrieben: „auf die reinen Höhen der Kunst, [Ihr athmet Ozon der Berge, oder meinetwegen noch höher hinauf. Ihr] und zieht [als] wie die Casta diva am [alle] Himmel lang ((vor „lang“ ist „ent-“ eingeschoben)), [jeder die reine Casta diva,] und [ihr] lebt vom ((in „vom“ hineingeschrieben „von“)) Ozon und Keuschheit.“ — In doppelten Klammern Stehendes sind Anmerkungen des Verfassers, von Fontane im Manu-