Stetten zum Wagner-Schwärmer macht, betont er dessen auf Distanz, Kastengeist und Rangordnung ausgerichtetes Wesen.
Hans-Heinrich Reuter hat darauf hingewiesen, daß Fontane für Bismarck und Richard Wagner ähnliche kritische Attribute verwendet hat und daß beide sogar manchmal im gleichen Zusammenhang behandelt werden 1 ' 2 . In der Tat ist der Wagner-Schwärmer Instetten auch ein Anhänger Bismarcks. Dementsprechend müßte van der Straaten ein Bismarck-Gegner sein. Aber er ist „eigentlich ein Bismarck-Schwärmer“ und erfreut sich nur „in seiner Eigenschaft als kritiksüchtiger Berliner“ an der „Größen-Nieder- metzelung“, die Duquede an Bismarck vornimmt" 3 .
Wagner und der Wagner-Kultus ist für Fontane eine Zeiterscheinung. Auch Elfi interessiert sich für diese außergewöhnliche Persönlichkeit. Als sie während Instettens Abwesenheit auf ein dickes rotes Reisehandbuch alten Jahrgangs, „vielleicht schon aus Instettens Leutnantstagen “ m stößt und auf Seite 153 von Schloß „Eremitage“ bei Bayreuth die Rede ist, hofft sie, etwas über Wagner zu lesen, worin sie sich allerdings irrt.
Es ist ebenfalls unvermeidlich, daß die Tripelli unter anderem etwas von Wagner singt, nämlich „einiges aus dem .Fliegenden Holländer“ 1 Wagner ist eben modern. Wagner gehört zum guten Ton. Wagner verleiht nicht nur die Flügel, mit denen es möglich ist, sich auf die Höhen aller Kunst zu schwingen, sondern auch jene, die unentbehrlich sind, um sich auf den Höhen der Gesellschaft zu erhalten: Professor Schmidt denkt, daß „Lohen- grin“ und „Tannhäuser“ Jennys Lieblingsopern sind"".
Den kaum für Musik empfänglichen Fontane hat also an Wagner das literarische Werk, der Mensch und der Wagner-Kultus als gesellschaftliches Phänomen der Zeit interessiert. Von all diesem findet sich der Niederschlag in seinen Briefen und in seinem Werk. Parallelismen zwischen Wagnerschen und seinen Gestalten mit dem Ziel der Vorausschau auf den Fortgang der Handlung hat er vermieden, obgleich er sie in Erwägung gezogen hatte. Durch Wagner-Schwärmerei charakteristiert Fontane Personen, die Stolz und Kastenbewußtsein besitzen, sei es auf dem Gebiet der Künste, sei es in der Gesellschaft, was von anderen, vornehmlich ihren Gegenspielern als Überheblichkeit empfunden wird.
Von des Dichters Gestalten drückt van der Sfraaten eine Meinung aus, die der Fontanes am nächsten kommt, indem er Werk und Künstler nicht trennt und in Wagners Helden Wagner selbst sieht, diesen und jene für sehr bedenklich haltend. Am schärfsten äußert sich Fontane dazu in seinem Brief vom 28. Juni 1881 an Emilie: „Der oft gemachte Vorwurf ,es seien keine Menschen 1 hat keine rechte Bedeutung; es sind menschliche Leidenschaften und Charakterzüge die uns vorgeführt werden: Angst, Muth, Schlauheit. Intrigue, vor allem (Wagners persönliche Hauptleistungen) Goldgier und Liebesgier. Er ist ganz Wotan, der Geld und Macht haben, aber auf ,Lübe‘ nicht verzichten will und zu diesem Zweck beständig mogelt. Auch hier lebt der Dichter in seinen Gestalten und man muß danach sagen: er schließt schlecht ab.“" 7
Fontanes Stellung zu Wagner berechtigt zu dem Schluß, daß er das von Vischer zum großen Teil nach Keller ausgesprochene, im Kapitel „Epernay“
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