Paul Conrad (Kleinmachnow)
Krippenstapeliana
„Und nun, Wilke, wenn Sie drin im Saal, aber das geht vor, alles in Ordnung haben, dann sorgen Sie, daß die Torten nach drüben kommen, die Nußtorte zu Pastors und die Schüssel mit kleinen Kuchen zu Jahnkes .“ 1 Torte oder Gebäck — eine Differenzierung, die Grundlegendes über die Stellung des eingesessenen Grundherrn zu den beiden Erziehungsfaktoren in seinem Machtbereich, zu Kirche und Schule, aussagt.
Zunächst sei festgestellt, daß Fontane sowohl Gutsbesitzern als auch Pastoren und Lehrern zeitlebens für ihre Mitarbeit bei der Entstehung der „Wanderungen - “ zu Dank verpflichtet blieb.
Zeugnisse finden sich vielerorts in seinem Gesamtwerk. Da weist er etwa im Band „Fünf Schlösser“ auf die Lehrerschaft von Wilsnack und Umgegend hin, die bei seinen vielen Anfragen „nie lässig oder ungeduldig“ wurde 2 , eine Bemerkung, die wir durch eine Art „Augenzeugenbericht“ von Frau Voigt ergänzen können, die in den „Fontane-Blättern“ vom Besuch Fontanes bei ihrem Vater berichtete, der als Konrektor in Wilsnack amtierte . 3 Fontane erwähnt ferner seinem Briefpartner Friedlaender gegenüber die Dorfschulmeister aus der Prignitz, denen er das Material zum Kapitel Quitzöwel verdankt 4 , und in einem Brief an Hermann Pantenius spricht er sich lobend über „allerlei kleine von Pastoren und Dorfschulmeistem geschriebene Chroniken“ aus.’
Daher also seine Verneigung vor den Lehrern im Schlußkapitel der „ Wanderungen“.
Auch der anderen Zeitgenossen, die ihm bei seiner Arbeit hilfreich zur Seite standen, gedenkt er: des märkischen Adels und der Landpastoren. Bei dieser Danksagung kommt der Landadel auf drei Seiten, die Herren Pastoren auf zwei, und den Schulmeistern sind gute elf Zeilen gewidmet. Nur der Garnisonschullehrer Wagener aus Potsdam, dessen gesellschaftliche Tätigkeit im „Verein für die Geschichte Potsdams“ ihm doch immerhin eine exzeptionelle Stellung im Gros der Schulmeister gab, wird eines besonderen Abschnittes gewürdigt. 5 »
Auch von dem Lehrer Rubehn in „Oderland“, der der wendischen Geschichte nachspürte, spricht Fontane mit Hochachtung . 6 Erwähnt muß hier ferner der Lehrer Zowe werden, dessen heimatkundliche Sammlung sein lebhaftes Interesse fand". Er nennt ihn ein „vollkommen märkisches Original“.
Neben anderen Autoren sieht G. Mangelsdorf in ihm das Vorbild für die Person des Lehrers Krippenstapel im „Stechlin “. 8 Das beinhaltet einmal die Wertschätzung solcher Lehrer, die sich aus Eigeninitiative um heimatliche Geschichte und Vorgeschichte bemühen, es kann (kann!) aber auch auf Mängel und Schwächen hinweisen, die derartigen Krippenstapelfiguren anhaften. Wir erinnern uns, daß auch im „Stechlin“ Fontane den Herrn von Stechlin von seinem Lehrer als einem „Schulmeister-Original“ sprechen läßt. Wir kommen später darauf zurück.
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