tane, Baurat Lucae, hat einmal in einem anderen Zusammenhang das Wort von den „Hilfskonstruktionen“ gebraucht. Für den Lehrer bedeutet das, die Misere des täglichen, niederdrückenden Kleinkrams mit dem Ausweichen in eine private Sphäre auszubalanzieren, die ihm Freude und ein Erfolgserlebnis bringt, daß ihm in seinem, durch obrigkeitliche Zwänge • eingeengten Dasein versagt bleibt.
Soweit Fontane in seiner Dichtung Und der Mensch Fontane? Der Journalist? Der Zeitgenosse?
ln seinem Briefwerk finden wir nicht wenige Stellen, die belegen, daß er in dieser Frage ein Kind seiner Zeit war und den Lehrern eine „Krippenstapelrolle“ zuwies. Auf seinen Wanderungen hatte er manchen Lehrer in der Dürftigkeit seiner Existenz kennengelernt und spricht oft von der Kärglichkeit ihres Daseins. Das reicht von „Dorfschulmeistern, die in Hunger gehalten werden müssen“ 28 , über die „masurischen Schullehrer- Witwen, die vom Hungertode gerettet werden können“ 29 , über arme Lehrer, die nach Görbersdorf müssen (bloß, daß sie meistens kein Geld dazu haben)“ :!n , bis zum „verhungerten Seminarlehrer“. 21 Fontane ist ehrlich erstaunt, wenn er im Sundewitt Küster- und Schullehrerstellen findet, bei denen 200 Taler Ruhegehalt als eine „kleine Pension“ gelten. 32 Bezeichnend für Fontanes Einstellung zum Lehrerstand ist der Entwurf eines Briefes an Ferdinand von Quast von Mitte 1861, in dem eine Geldsammlung für die Drucklegung eines heimatgeschichtlichen Werkes vor- geschlagen wird. Man könnte Gutsbesitzer zur Kasse bitten, Pastoren, ja sogar Schulzen/ 11 Von Lehrern ist keine Rede, genau so wenig wie in den Vorstellungen, die sich Fontane über einen künftigen Schwiegersohn macht: ein Amtsrichter, ein Doktor, ein Oberlehrer, selbst ein Pastor. 1 ' 1 Der Lehrer bleibt in der Rolle des Dienenden, des Zubringenden, wie etwa in jenem Brief an Mathilde von Rohr, in dem sich Fontane nach einem Führer für das pommersche Stift Marienfließ erkundigt: ein Gärtner oder Schulmeister. Er stellt die Frage, ob man „solch Individuum“ auftreiben kann. 15 Ein Lehrer also in gleicher Reihe mit einem Gärtner, einem Berufs- Stand, über den sich Fontane mehr als einmal abschätzig geäußert hatte! Damit ist der Rang fixiert, den er den Lehrern zuweist. Etwas milder äußert sich Fontane in einem Brief an die Mutter über eine Dienstleistung, die man einem „schlichten Mann — Küster, Schullehrer, etc.“ zumuten könnte. Sein Gedankengang ist klar: Würde er in Bernau, wohin er zu fahren gedenkt, irgendwelcher Informationen halber bei einer Honoratiorenfamilie vorsprechen, so würde er mit „Kaffeetrinken und Redensarten“ die schöne Zeit vertrödeln. Mit einem Lehrer aber, mit einem „schlichten Mann“, kann man über den Gartenzaun hinweg verhandeln/“’
Hier und da gab es freilich Lehrer, die ein Gespür für die inferiore Rolle hatten, die man ihnen zuwies. An derep einen geriet Fontane in Malchow. 1 ’ Der „Trotz des Autodidakten“ (Krippenstapel) wird hier zum „verschrobenen Dünkel“ gesteigert. Vielleicht ist dem Lehrer ähnliches durch den Sinn gegangen wie der vornehmen Verwandtschaft seines Freundes Bernhard von Lepel bei dessen Hochzeit, deren Gedanken Fontane, hätte er
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