Käthe anmerkt, ausgerechnet, „damit sich meine Phantasie nicht kurwidrig erhitze?“ „Ein Buch über künstliche Fischzucht [...], denn die Neumark, unsere gemeinsame glückliche Heimat, sei seit Jahr und Tag schon die Brut- und Geburtsstätte der künstlichen Fischzucht“ (S. 115 f.). Um die Zucht von Fischen, geschweige denn die künstliche, kümmert sich Mr. Armstrong wohl nicht; er angelt schlicht und einfach und erlebt dabei immer eine regelrechte Verjüngung. Daß Käthe nach dieser Gefahr mit den Fischen nach ihrer Rückkehr nach Berlin sogar die Karpfen im Teich des Charlottenburger Schlosses unheimlich geworden sind, kann man ihr nicht verdenken: ..] und wenn dann ein großer Mooskarpfen käme, so wär’ ihr
immer, als käm’ ein Krokodil.“ (S. 158)
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Überhaupt macht Käthe einen reichlich verschreckten Eindruck, als sie aus Schlangenbad wieder zurück ist. Schon auf der Fahrt vom Bahnhof nach Hause erzählt sie Botho, sie fühle sich als „Matrone“, „sei doch eigentlich eine alte Frau und habe abgeschlossen“. Sie ist froh, wieder in Berlin zu sein, es gebe „so wenig Staub. Ich find’ es doch einen rechten Segen, daß sie jetzt sprengen und alles unter Wasser setzen“ (S. 152). Der „Staubmantel“ (S. 114), den sie ausdrücklich nach Schlangenbad mitgenommen hat, damit er sie vor Staub schützt, hat offenbar seinen Zweck nicht ganz erfüllt. Als ihr, in der Wohnung angekommen, das Dienstmädchen beim Ablegen hilft, sagt sie jedenfalls:
„Nun, Minette, hilf mir. Erst'den Mantel. Und nun nimm den Hut.
Aber sei vorsichtig, wir wissen uns sonst vor Staub nicht zu retten.
Und nun sage Orth, daß er den Tisch deckt vom auf dem Balkon,
ich habe den ganzen Tag keinen Bissen genossen, weil ich wollte,
daß es mir recht gut bei euch schmecken solle.“ (S. 154)
Auch Käthe hat also wie Botho nun das Verlangen nach solider häuslicher Kost in der Ehe — und zwar offenbar nicht nur im gastronomischen Sinne. Es paßt zu diesem Annehmen ihrer Rolle als Ehefrau, daß der Leser sie jetzt zum erstenmal in dem Buch im Gespräch mit dem Personal erlebt, wie wenig vorher wiederum ebenfalls Botho. Auch in dieser Hinsicht wird Käthe also in den häuslichen Rahmen des Alltags eingefügt.
Nach diesen Bemerkungen spricht sie zunächst mit Botho auf dem Wege über das gläserne Medium des Spiegels, der ja ein Symbol der Jungfräulichkeit ist, vor allem in Verbindung mit der Mutter Gottes. Aber dann umarmt er sie leibhaftig. Daß er dabei „Käthe, Puppe, liebe Puppe“ (S. 154) sagt, ist als Beweis dafür ausgelegt worden, daß sie ein bloßes Spielzeug sei und nie in dem Roman wirklich Gestalt als Persönlichkeit gewinnt. 1 " Wie falsch diese Behauptung im allgemeinen ist, ist wohl nach diesen Ausführungen evident. Aber auch in diesem besonderen Falle scheint die Folgerung nicht angemessen. Einmal handelt es sich bei der Formulierung »liebe Puppe“ um ein Zitat aus Faust. Dieser selbst nennt Gretchen so nach dem Gespräch über Gott in Marthens Garten (Vers 3475), als sie sich vor Mephisto fürchtet, also kurz bevor sie sich sexuell mit Faust einläßt, und daß dieser Gretchen durch die Anrede „liebe Puppe“ entpersönlicht, wird
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