Heft 
(1982) 33
Seite
98
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im Schloßpark aber könne man das Mausoleum sehen, wo die blaue Beleuchtung einen immer so sonderbar berühre, ja. sie möchte sagen, wie wenn einem ein Stück Himmel in die Seele falle. Das stimmt dann andächtig und zu frommer Betrachtung. [...] Und viel­leicht war auch eine Frau mit Kringeln und Oblaten da, von der man etwas kaufen und dadurch im kleinen ein gutes Werk tun könne, sie sage mit Absicht ein .gutes Werk 1 und vermeide das Wort christlich, denn Frau Salinger habe auch immer gegeben. (S. 158)

Daß sich Käthe nun wieder mit Frau Salinger identifizieren kann, ist bezeichnend, aber es fällt auch auf, daß Botho immer wieder mit Paaren konfrontiert wird, wie hier das Mädchen und der Soldat und das Musi­kantenpaar, das Horn und Harfe spielt, die himmlischen Instrumente, während aus Käthes Leben bis auf die Berichte von Mr. Armstrong Männer nun verbannt scheinen. Der Blumenstrauß bei ihrer Rückkehr stammt von ihrer Wirtin, das Geld möchte sie einer Frau spenden, und sie denkt an Königin Luise. In beiden parallel konstruierten Passagen ist der befreiende Augenblick der Ehepartner, der ihnen die Zuwendung zueinander erlaubt, dargestellt, ohne daß das zentrale Ereignis in irgendeiner Weise aus­gesprochen würde. Es sind die Implikationen des Textes, die die Botschaft vermitteln.

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In der Spiegelung seines Schicksals von außen ist Botho reif geworden für die endgültige Lösung von Lene. Die Verbrennung ihrer Briefe bildet daher nur den folgerichtigen Anschluß an die Fahrt zum Friedhof:Aber ich will ein Ende damit machen. Was sollen mir diese toten Dinge, die mir nur Unruhe stiften und mir mein bißchen Glück und meinen Ehefrieden kosten. [.. .1 (S. 142). Der Verbrennungsakt selbst ist dabei wieder voller Anspielungen, denn Botho übergibt die Briefe dem Feuer in einemkleinen Herd (S. 143). Der Herd mit dem häuslich brennenden Feuer, das bei ihrem Tod nicht mehr brennen wollte, war das Zeichen Frau Nimptschs, die der Leser von Anfang an in enger Beziehung zu ihm erlebt. Schon als er sie kennenlernt,saß sie wie gewöhnlich an dem großen, kaum fußhohen Herd .. . (S. 8), und gerade Botho setzt sich bei seinem ersten Besuch zu ihr und sagt:Ich kenne keinen Herd, auf den ich so gern sehe; immer Feuer, immer Wärme. (S. 22) Dem Herd also, dem Symbol des häuslichen Lebens, werden die Briefe im wahrsten Sinne des Wortes geopfert, und Bothos nun folgende Geste verstärkt den Eindruck:

Und nun schob er den eleganten Kaminschirm wieder vor, in dessen Mitte sich die Nachbildung einer pompejanischen Wandflgur befand. Hundertmal war sein Auge darüber hinweggeglitten, ohne zu beach­ten, was es eigentlich sei, heute sah er es und sagte: .Minerva mit Schild und Speer. Aber Speer bei Fuß. Vielleicht bedeutet es Ruhe [...] Wär es so. (S. 143)

Wieder darf zum Verständnis das Detail nicht übersehen werden, denn Minerva ist das römische Equivalent der griechischen Pallas Athene, der jungfräulichen Göttin, die als Schirmerin der Zivilisation verehrt wurde und in Friedenszeiten ihre Waffen beseitelegte. Und als ob die vielsagende